Regierung will jetzt die Frühpensionen stoppen
Aus Angst um unser Triple A will Maria Fekter die Schuldenbremse einführen, den Sparkurs verschärfen und Frühpensionen stoppen.
Dieser Tage ist das große Zittern angesagt. Schon im Sommer waren Prüfer der Rating-Agentur Standard&Poor’s (sie bewerten die Bonität von Ländern) in Österreich, inspizierten penibel unsere Finanzen, morgen könnte ein erster Länderbericht veröffentlicht werden – Experten fürchten zumindest eine „gelbe Karte“ für unser Land. Schon in zwei Wochen kommen die Moodys-Prüfer. Experten wie Staatsschulden-Chef Bernhard Felderer können einen negativen Ausblick nicht ausschließen. Österreich könnte seine „Triple-A-Bewertung“ verlieren. Die Folge: bis zu drei Milliarden Euro höhere Zinszahlungen.
In ÖSTERREICH hat Finanzministerin Maria Fekter deshalb am Sonntag die Einführung einer Schuldenbremse bis zum Jahresende angekündigt, und zwar bei 60 % des Bruttoinlandsproduktes. Derzeit hat Österreich 73,6 % – das sind mehr als 200 Milliarden Euro. Der Sparkurs muss also verschärft werden. Ebenfalls in ÖSTERREICH sagen zwei führende ÖVP-Politiker – Staatssekretär Sebastian Kurz und Klubchef Karlheinz Kopf –, wo angesetzt werden soll. Erste Adresse: die Frühpensionen.
Hacklerregelung: Die ÖVP will einen Anlauf starten, die Hacklerregelung ab 2014 abzuschaffen, also die Möglichkeit, mit langen Versicherungszeiten ohne Abschläge früher in Pension zu gehen .
Sonderrechte: Kopf will auch in die Pensionssonderrechte hineinschneiden. Soll heißen: Eisenbahner sollen später in Pension gehen, Nationalbanker eine geringere Rente erhalten.
Gesundheit & Bildung: Nicht nur das: Kopf fordert auch eine Gesundheits- und eine Bildungsreform. Hier gehe es aber weniger um Streichungen, stattdessen sollen die Mittel „effizienter eingesetzt werden“.
Was sagt die SPÖ dazu? Sie sagt Ja zur Schuldenbremse – hat sie doch Kanzler Faymann in Brüssel im Rahmen des „EU-Six-Packs“ mitbeschlossen. Nur: Die SPÖ will auch Steuern erhöhen oder Vermögenssteuern einführen. Was die ÖVP ablehnt. Österreichs Triple A hängt also wirklich am seidenen Faden.
VP-Klubchef Kopf: "Bremse noch schärfer"
ÖSTERREICH: Warum brauchen wir eine Schuldenbremse?
Karlheinz Kopf: Fünf-Sterne-Staat und Triple A – das kann nicht auf Dauer funktionieren. Es lebt sich auch in einem Vier-Sterne-Staat gut. Wir leben seit Jahren über unsere Verhältnisse.
ÖSTERREICH: Wie soll die Schuldenbremse aussehen?
Kopf: Der Plan ist, dass wir eine Verschuldung von maximal 60 % in die Verfassung schreiben. Ich würde aber weiter gehen. Wenn wir bis 2020 unsere Verschuldung auf 60 % abgesenkt haben, sollten wir die Bremse verschärfen und einen noch niedrigeren Wert festschreiben.
ÖSTERREICH: Jetzt sagt die SPÖ: Schuldenbremse Ja – aber nur, wenn die Vermögenssteuer kommt.
Kopf: Die Schuldenbremse soll ja einen Spardruck aufbauen – und nicht zu Steuererhöhungen führen. Wir haben doch ein ernstes Ausgabenproblem – und nicht zu niedrige Steuern. Im Gegenteil.
ÖSTERREICH: Also Sparen. Und wo konkret?
Kopf: Wir müssen die Pensionsprivilegien abbauen: Damit meine ich einerseits die Möglichkeit, früher ohne Abschläge in Pension zu gehen, außer halt im Krankheitsfall. Also: Die Hacklerregelung, aber auch die Privilegien bei den Eisenbahnern. Auf der anderen Seite müssen Sonderrechte wie die bei der Nationalbank fallen. Wir haben auch hohe Ausgaben im Gesundheitssystem und bei der Bildung. Dass heißt nicht, dass es hier weniger Geld geben muss. Die Mittel müssen aber viel effizienter eingesetzt werden.
ÖSTERREICH: Die SPÖ will Agrarkürzungen. Damit trifft jeder den anderen – und nichts passiert.
Kopf: Gut, damit haben wird die Positionen ausgetauscht. Jetzt sollten wir verhandeln und eine Lösung finden.
Staatssekretär Kurz: "Aus für die Frühpension"
ÖSTERREICH: Was droht der jüngeren Generation – also auch Ihnen –, wenn nicht gespart wird?
Sebastian Kurz: Irgendwann gibt es eine Generation, die nur noch Zinsen zurückzahlt und keinen politischen Spielraum mehr hat in Bezug auf Bildung, Pensionen oder Sozialleistungen. Unser Sozialstaat, wie wir ihn kennen, wird nicht aufrechterhalten werden können. Wir werden damit leben müssen, dass wir für Bildung weniger ausgeben als für Zinsen.
ÖSTERREICH: Wenn wir aber keine Schulden mehr hätten, …
Kurz: … müssten wir keine Zinsen zahlen, könnten wir alle Einkommen bis 40.000 Euro pro Jahr steuerfrei setzen.
ÖSTERREICH: Wie aber wollen Sie sparen – immer schon wird mehr ausgegeben als eingenommen?
Kurz: Sparpotenzial gibt es vor allem im Bereich der Frühpensionen. Es ist ein Wahnsinn, dass wir immer älter werden, aber Menschen immer früher in Pension gehen. Wenn das tatsächliche Pensionsantrittsalter dem gesetzlichen entspräche, dann hätten wir fast ein Nulldefizit.
Die Staatsschulden im Vergleich:
- Deutschland: 2.080 Milliarden
- Italien: 1.843 Milliarden
- Frankreich: 1.591 Milliarden
- Großbritannien: 1.339 Milliarden
- Spanien: 639 Milliarden
- Griechenland: 329 Milliarden
- Österreich: 205 Milliarden
- Schweden: 144 Milliarden
- Tschechien: 57 Milliarden
- Litauen: 11 Milliarden
- Luxemburg: 8 Milliarden
- Estland: 1 Milliarde