Die Reform des Anti-Korruptionsgesetzes findet keine Gnade unter den Augen des Transparency-Chefs - Sie ist ihm viel zu milde.
Scharfe Kritik an der geplanten Entschärfung der Antikorruptionsbestimmungen für Beamte kommt vom früheren Rechnungshofpräsidenten Franz Fiedler, dem Vorsitzenden der Antikorruptions-Organisation Transparency International Österreich. Er stößt sich insbesondere daran, dass in den Erläuterungen des Justizministeriums zum Gesetzestext u.a. die umstrittene Einladungspraxis der Pharmafirmen für Ärzte legalisiert wird. "Ich betrachte das phasenweise sogar als Bedienungsanleitung für Korruption", so Fiedler.
"Alle Wünsche erfüllt"
Für Fiedler haben sich
die Lobbyisten aus Wirtschaft und Kultur durchgesetzt, die die Rücknahme der
erst 2008 in Kraft getretenen strengen Antikorruptionsbestimmungen gefordert
haben. "Die haben alle ihre Wünsche erfüllt bekommen", bilanziert er nach
Durchsicht des am Dienstag in Begutachtung geschickten Entwurfs. Kernpunkt
seiner Kritik ist die weitgehende Entkriminalisierung des "Anfütterns" und
die Tatsache, dass die Beschränkungen für Spitzenbeamte im Rahmen ihrer
"Repräsentationspflichten" deutlich gelockert werden sollen.
Anfüttern erleichtert
Die Antikorruptionsbestimmungen
sollten eigentlich verhindern, dass z.B. ein Unternehmer einen Beamten mit
regelmäßigen kleinen Gefälligkeiten versorgt, um sich damit für den Fall des
Falles ein günstiges Klima bei der Behörde zu verschaffen. Dieses
"Anfüttern" war bisher auch dann verboten, wenn es nur "vorsorglich"
erfolgte. Künftig soll es aber nur noch dann strafbar sein, wenn es von
einer Person durchgeführt wird, die an einer "mit Wahrscheinlichkeit
absehbaren und im übrigen inhaltlich bestimmten Amtshandlung" des Beamten
interessiert ist.
Zuviel der Milde
"Die Entschärfungen gehen zweifellos zu weit",
kritisiert Fiedler. Im Klartext würde das aus seiner Sicht nämlich bedeuten,
dass das prophylaktische "Anfüttern" von "öffentlichen Amtsträgern" (also
Beamten, Bürgermeistern und Regierungsmitgliedern) wieder erlaubt würde.
"Ein Unternehmer schmiert einen Bürgermeister, ohne dass ein Antrag auf
Baubewilligung vorliegt, aber für den Fall, dass irgendwann einer vorliegt.
Das ist künftig straflos", ärgert sich der frühere Rechnungshofpräsident.
Besonders empört ist Fiedler über die Erläuterungen zum Gesetzestext. Dort ist nachzulesen, wie die teils recht komplizierten juristischen Formulierungen zu verstehen sind. Unter anderem heißt es dort, dass sich Spitzenbeamte im Rahmen von Repräsentationsverpflichtungen künftig zu Veranstaltungen einladen lassen dürfen - und zwar "mit oder ohne angemessene Begleitung". Explizit festgehalten wird auch, dass sich z.B. der Leiter eines öffentlichen Krankenhauses bei einem Ärztekongress für die Dauer der Veranstaltung Hotel und Verpflegung bezahlen lassen darf (nicht aber die Verlängerung zu privaten Zwecken).
Republik soll zahlen
"Hier sieht man auch, dass die Lobbys, die
den Ruf nach einer Änderungen des Gesetzes erhoben haben, die Feder bis in
die Erläuterungen geführt haben", kritisiert Fiedler. Damit werde etwa die
umstrittene Einladungspraxis der Pharmafirmen wieder legalisiert.
Spitzenbeamte sollten sich überhaupt nur "in bescheidenstem Rahmen", etwa zu
Geschäftsessen, einladen lassen, findet Fiedler: "Wenn die Republik der
Meinung ist, es sollte der Beamte einer Einladung folgen, dann hat sie von
sich aus die Verpflegung und die Begleitung zu zahlen."
Abgeordnete weiter exkludiert
Unzufrieden ist Fiedler auch mit
der geplanten Einschränkung des "Amtsträger"-Begriffs: Mitarbeiter von
Staatsunternehmen, die am Markt agieren, fallen künftig nämlich nicht mehr
unter die strengen Antikorruptionsbestimmungen für Beamte, sondern unter die
lockereren Regeln der Privatwirtschaft. Weiters fordert der frühere
Rechnungshofpräsident die Ausdehnung der strengen Regeln auch auf
Abgeordnete, die derzeit davon ausgenommen sind.
Kronzeuge besser als hohe Strafe
Außerdem fordert Fiedler die
Einführung einer Kronzeugenregelung für Korruption, die aus seiner Sicht
auch sinnvoller wäre, als die nun geplante Anhebung der Strafrahmen. Nur mit
einer Kronzeugenregelung, die involvierten Personen den straffreien Ausstieg
aus der Korruption erlauben würde, könne man derartige Delikte aufklären:
"Erfahrungsgemäß bringt die Anhebung der Strafobergrenzen dort nichts, wo
die Dunkelziffer so hoch ist, dass die Tatsache, dass kaum jemand erwischt
wird, keine abschreckende Wirkung bewirkt."