Staatsbesuch
Fischer empfing griechischen Präsidenten Papoulias
03.07.2008
Am Donnerstag empfing Fischer Papoulias in Wien und sprach mit ihm über wirtschaftliche Beziehungen und die politische Situation in Europa.
Die bilateralen Beziehungen Österreichs und Griechenlands sind sehr gut, aber in wirtschaftlicher Hinsicht stark ausbaubar. So lautet der Tenor der Gespräche des griechischen Präsidenten Karolos Papoulias am Donnerstag in Wien. "Wir sind mit der Qualität der Beziehungen sehr zufrieden, aber wir glauben, dass sie auf wirtschaftlichem Gebiet noch stark entfaltbar und steigerbar sind", sagte Bundespräsident Fischer nach seiner Unterredung mit Papoulias in der Wiener Hofburg. Von "einem weiten Raum der Verbesserung" sprach sein griechischer Amtskollege. "Ich hoffe, dass das Wirtschaftsforum (am Freitag in Wien) einen weiteren Beitrag leisten wird."
Aufholbedarf bei Handelsbeziehungen
Schon bei der Zusammenkunft
mit Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (S) im Hotel Sacher Donnerstagfrüh sei
beiderseits "ein gewisser Aufholbedarf in den Handelsbeziehungen
konstatiert" worden, sagte Gusenbauers außenpolitischer Berater Bernd
Wrabetz der APA. Im Zentrum des Gesprächs mit dem griechischen
Staatsoberhaupt stand demnach aber die Frage der Stabilität auf dem
Westbalkan. Dabei käme Österreich und Griechenland als nördliche bzw.
südliche "Klammer" der Region jeweils eine besondere Rolle zu, so Wrabetz.
Der griechische Praesident Karolos Papoulias (2.v.r.) trifft mit
Gattin May Papoulias (2.v.l.) mit Heinz Fischer (r.) und Gattin Margit (l.)
in der Wiener Hofburg zusammen. (c)APA
Heikle Probleme
Während Papoulias demnach eine Einbindung
Serbiens in EU-Perspektive wünscht, stellt er an Mazedonien "gewisse
Bedingungen", wie er in der Hofburg sagte. Auch eine Aufnahme der
ehemaligen jugoslawischen Teilrepublik in die NATO, die Griechenland auf dem
Bukarester Gipfel der Allianz im April blockiert hatte, stehe so lange nicht
zur Diskussion, wie Skopje seine "fast feindliche Haltung"
gegenüber Athen im Namensstreit beibehalte. Auch beim Kosovo - für
Griechenland laut Papoulias ein "sehr heikles Problem" - gehe
Griechenland den Weg der "kleinen und vorsichtigen Schritte",
machte Papoulias wenig Hoffnung auf baldige Anerkennung des jungen Staates
und eine in der Frage geeinte EU.
"Wir haben etwas versprochen und müssen zu unseren Versprechen stehen", meinte Papoulias hingegen mit Blick auf Kroatien. Österreich wie Griechenland wollten Kroatien "schnell aufnehmen" und ein "positives Signal" an die Länder der Region senden, führte Gusenbauers Berater aus. Einig sei man sich auch, "dass Volksabstimmungen nicht jeden Beitrittsvertrag betreffen" sollen.
Thema Reform-Vertrag
Griechenland und Österreich haben den
EU-Reformvertrag bereits ratifiziert, allerdings fordern in beiden Ländern
Parteien links der Mitte (SPÖ bzw. die oppositionelle sozialdemokratische
PASOK) Referenden über künftige Verträge. Papoulias als Ex-Außenminister
(1985-89 bzw. 1993-96) und erster Staatschef aus den Reihen der Sozialisten
Griechenlands distanzierte sich jedoch von PASOK-Chef Georgios Papandreou,
der Gusenbauer kürzlich sein "volles Verständnis" für
den europapolitischen Kurswechsel der SPÖ ausgesprochen hatte. "Herr
Papandreou (...) hat natürlich eine eigene Meinung und die hat er auch
kundgetan", so der griechische Präsident lapidar.
Über die Situation in der EU nach der Ablehnung des Reformvertrages durch Irland sagte Fischer, "wir sind beide der Meinung, dass der Ball in Dublin liegt. Irland muss selber entscheiden, welche Schritte es aus irischer Sicht jetzt für richtig hält". Einigkeit bestehe auch darin, dass der Vertrag von Lissabon"ein vernünftiger und sorgfältig ausgearbeiteter Kompromiss" ist. Papoulias betonte, man habe "besprochen, wie die EU fortfahren kann, ohne in monatelange Tatenlosigkeit zu verfallen".
Türkei-Skepsis
Skepsis über einen EU-Beitritt der Türkei
findet sich auf griechischer wie österreichischer Seite. Während Fischer
neuerlich das österreichische Dringen auf offenen Ausgang der Verhandlungen
betonte, wollte sein griechischer Amtskollege dazu gar nichts sagen.
Unmittelbar zuvor hatte Papoulias aber mit dem Hinweis auf das "Paradoxon,
dass 40 Prozent eines EU-Mitglieds unter Besatzung steht" sein Beharren
auf einem vorherigen türkischen Abzug aus Zypern deutlich gemacht. Die Frage
des Verbotsverfahrens des türkischen Verfassungsgerichts gegen die
regierende AKP wegen Islamismus hob Fischer als "natürlich für Europa
ein sehr wichtiges Thema" eigens hervor.
Am Donnerstag standen auch Treffen mit Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (S) und dem Bürgermeister von Wien, Michael Häupl (S), auf dem Programm. Abends findet ein Staatsbankett zu Ehren des Präsidentenpaares Karolos und May Papoulias statt, tags darauf erfahren die wechselseitigen kulturellen Beziehungen mit der Eröffnung der Ausstellung "Antike und Moderne. Erinnerung an die Antike in der modernen Kunst Griechenlands" im Kunsthistorischen Museum einen neuen Impuls.