Der Bundespräsident will keinen vorgezogenen Wahlkampf.
Bundespräsident Heinz Fischer hat sich für eine generelle Diskussion über die Abwahl hoher Amtsträger ausgesprochen. "Es lohnt sich überhaupt, einen Blick zu machen auf die unterschiedlichen und teilweise unerklärlichen Regelungen", meinte er in der ORF-"Pressestunde" am Sonntag. Ob er wieder für das Präsidentenamt kandidiert, wollte Fischer weiterhin nicht beantworten, er verwies auf seine Ankündigung, im Herbst eine Entscheidung zu treffen.
Konkreter Anlass für den Vorstoß ist die jüngste Debatte um den Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf von der FPÖ. Mehrere Politiker - hauptsächlich von den Grünen - hatten aufgrund von Attacken auf den Präsidenten der israelitischen Kultusgemeinde Wien, Ariel Muzicant, dessen Absetzung verlangt. Fischer wollte Graf zwar weiter nicht persönlich kritisieren, sprach aber erneut von einem antifaschistischen Grundkonsens, der in Österreich gelte.
Kein Schnellschuss gegen Graf
Eine Absetzung eines
Nationalratspräsidenten dürfe nicht im "Schnellschuss" erledigt werden, so
Fischers Standpunkt. Man müsse sich das "sorgfältig überlegen", sich Zeit
lassen und Verfassungsjuristen beiziehen. Darum plädiert der Bundespräsident
für eine "gesamthafte Regelung", die nicht nur für das Präsidium des
Nationalrats gelten solle, sondern etwa auch für Bundespräsidenten,
Rechnungshofpräsidenten und Volksanwälte.
Gegen frühen Präsidentschaftswahlkampf
Bei der
Entscheidung über eine Kandidatur für eine zweite Amtszeit ist Fischer
weiter gegen einen "Frühstart" und will sich "von niemandem unter Druck
setzen lassen". Vor allem spricht sich der Bundespräsident gegen einen
vorgezogenen Wahlkampf aus. "Viele in der Bevölkerung wären irritiert." Auf
die etwa von der "Kronen Zeitung" geäußerte Kritik an seiner Amtsführung und
die Favorisierung des niederösterreichischen ÖVP-Landeshauptmannes Erwin
Pröll als Gegenkandidat durch deren Herausgeber Hans Dichand entgegnete
Fischer: "Schauen Sie mir in die Augen und sie werden sehen, dass ich darauf
relativ gelassen reagiere - weil ich ein gutes Gewissen habe."
Nur mit Faymann geredet
Fischer erzählte, dass es bereits ein
Gespräch mit SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann über eine Wiederkandidatur
gegeben habe. Dieser hatte gesagt, dass er das begrüße - "und ich habe
gesagt: Gut, das nehme ich zur Kenntnis". Sonst habe es keine weiteren
derartigen Unterredungen gegeben, bekräftigte der Bundespräsident.
Unterstützung bei einem eventuellen Wiederantritt sieht Fischer jedenfalls
aus allen Schichten der Bevölkerung, nicht nur bei SPÖ-Sympathisanten. Auch
Gerüchten über seinen angeblich schlechten Gesundheitszustand trat Fischer
entgegen: "Ich fühl mich gut", meinte er und klopfte dabei auf Holz.
Keine Wahl durch Bundesversammlung
Dem wieder aufgekommenen
Vorschlag, dass die Bundesversammlung den Präsidenten für eine zweite
Amtszeit wählen soll, erteilte Fischer eine Absage. "Alles andere wäre ein
Stück weniger Demokratie. Das ist kein guter Vorschlag." Und auch zum
jüngsten Vorstoß der Regierungsparteien zu einem Mehrheitswahlrecht steht
der Bundespräsident skeptisch gegenüber. Zumindest solle es eine Lösung
geben, die von allen Parteien getragen wird.
Rot-schwarze Meinungsverschiedenheiten
Die jüngsten
Meinungsverschiedenheiten in der Koalition sieht Fischer gelassen. Man dürfe
die Regierungsarbeit nicht in zwei Kästen hineinpressen - "Kuscheln oder
Streiten". Dass es in einer Koalition Meinungsverschiedenheiten gibt, sei
"völlig klar". Mit der aktuellen Wirtschaftskrise sei Rot-Schwarz jedenfalls
vernünftig umgegangen, urteilte der Präsident. Beim Thema
Verteilungsgerechtigkeit bleibt er außerdem bei seinem bereits geäußerten
Standpunkt, dass eine Diskussion sehr sinnvoll sei. "Ich glaube, dass der
Bundespräsident richtig handelt, wenn er hier nicht wegschaut."