Der Ex-Bundespräsident rief in Linz zur Wahlbeteiligung auf.
Von "der lockeren Seite" hat Ex-Bundespräsident Heinz Fischer die Causa Prima der Innenpolitik, die Wahl seines Nachfolgers, in der Eröffnungsrede zum Internationalen Brucknerfest am Sonntag in Linz betrachtet. Er warnte aber davor, "Spott oder Hohn über Wahlen, die Hofburg oder die Demokratie auszugießen". Die Flüchtlingsthematik sprachen LH Josef Pühringer (ÖVP) und Festrednerin Senta Berger an.
"Überrascht" sei Fischer gewesen, dass er auch heuer wieder, zum 13. Mal, das Festival eröffnen sollte. Doch dies sei nicht die einzige Überraschung rund um einen neuen Bundespräsidenten gewesen. "Und wenn man kein Glück hat, kommt möglicherweise noch das Pech hinzu", kommentierte er die Panne um den mangelhaften Klebstoff auf den Wahlkuverts. Trotz dieser bisher in der Zweiten Republik einzigartigen Vorgänge appellierte er, "seine Stimme nicht wegzuwerfen" und wählen zu gehen. Er werde am 4. Dezember nicht zum Wechselwähler werden, denn die Wiederholung der Stichwahl sei lediglich eine "Korrektur von Verfahrensmängeln".
Flüchtlinge
Den Umgang mit Flüchtlingen als gesellschaftspolitische Herausforderung für Europa thematisierte der oberösterreichische Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) genauso wie Schauspielerin Senta Berger. So sprach Pühringer die Kluft zwischen der Innen- und Außensicht auf Europa an. Als Kontinent der Zukunft von den Flüchtlingen gesehen, würden immer mehr existenzielle Ängste seine Bewohner bestimmen, "Ängste, die es ernst zu nehmen gilt", so der Landeshauptmann. Der "Kitt Kultur, der kulturelle Austausch, kann bei der Integration vieles leisten". Das Brucknerfest mit seinem Motto "nah und fern" sowie sein heuriges Partnerland Südkorea stehe dafür Pate. Voraussetzung für ein Gelingen sei die Zusammenarbeit, "was auch ein Aufruf an die Bundesregierung ist", meinte Pühringer Richtung Wien.
Persönliche Rückschau
Mit einer sehr persönlichen Rückschau auf ihr Leben trat Schauspielerin Berger ans Rednerpult. Das Brucknerhaus nehme dabei eine nicht unbedeutende Rolle ein, wie sie den Gästen am Sonntag im Großen Saal dieses Hauses berichtete. So trug sie im Winter 1976 Schnitzlers Novelle "Fräulein Else" vor, ihre erste öffentliche Lesung. Das Publikum goutierte ihren langen, wie sie heute weiß, zu langen Auftritt nicht.
"Das Leben wird nach vorne gelebt, aber von rückwärts verstanden." Diese Erkenntnis zog sich dann als roter Faden durch ihre Rede. So etwa, als sie sich indirekt für die derzeit diskutierte Maschinensteuer aussprach. Die Forderung des deutschen Sozialdemokraten Herbert Wehner in den 1980er-Jahren, dass "jeder Computer, jeder Rechner genauso viel in die Sozialkassen einzahlen müsse, wie der entlassene Mensch, der bis dahin die Arbeit gemacht hatte", sieht die Schauspielerin heute als einen "sehr wohl berechtigten Gedanken"
"Fremd sein"
Einen Großteil ihrer Ansprache widmete die Schauspielerin dem "fremd sein", das die heute 75-Jährige, die viele Jahre im Ausland gearbeitet hat, selber erlebte. Derartige "Wanderjahre" sieht Berger nicht nur als große Bereicherung für die betreffende Person, sondern auch für das jeweilige Land. Dieser Fokus sollte in ihren Augen in der Auseinandersetzung mit dem Thema Flüchtlingen mehr herausgestrichen werden. "Auch wenn die Flüchtlinge des Mittleren Ostens und aus Afrika nicht so demütig und leise wie die Sudentenflüchtlinge von damals" seien, forderte sie Mitmenschlichkeit ein. Und die Politik sollte vorangehen. "Denn jeder ist jemand", zitierte sie George Tabori.
Das Internationale Brucknerfest geht bis zum 29. Oktober.