Die von der Bundesregierung am Mittwoch präsentierten Maßnahmen gegen die Teuerung haben die Oppositionsparteien nicht überzeugt. Vielmehr orteten sie einmal mehr ein Versagen der Regierung.
Auf Verlangen der SPÖ gibt es daher am Freitag eine Sondersitzung des Nationalrats. Bundespräsident Alexander Van der Bellen kündigte an, ein Auge auf die Maßnahmen zu haben.
- Das Paket der Regierung ist viel zu wenig!
- Teuerung: Regierung will Gewinne stärker abschöpfen
- Experten-Kritik: Dieses Teuerungs-Paket reicht nicht
"Die Bundesregierung hat heute weitere Maßnahmen präsentiert. Ich werde genau darauf schauen, dass diese rasch und wirkungsvoll umgesetzt werden", ließ das Staatsoberhaupt via Twitter wissen. Die Folgen der Inflation betreffen immer mehr Menschen, so Van der Bellen, der die Schuldnerberatung in Wien besuchte. Die anhaltende Teuerung stelle Österreich vor eine große Aufgabe. "Jede und jeder muss den Zusammenhalt und die Solidarität von uns allen spüren und das auch im Geldbörserl sehen", erklärte Van der Bellen.
Die anhaltende #Teuerung stellt unser Land vor eine große Aufgabe. Jede & jeder muss den Zusammenhalt & die Solidarität von uns allen spüren und das auch im Geldbörserl sehen. (1/3) pic.twitter.com/47ScNFFgn3
— A. Van der Bellen (@vanderbellen) May 10, 2023
Leichtfried: "Gipfel war ein Flop"
Auf wenig Begeisterung stießen die angekündigten Maßnahmen bei der Opposition. Es rege ihn "maßlos" auf, wenn er im Supermarkt mitbekomme, dass sich ein älteres Ehepaar keine Butter mehr leisten könne, aber diesen Menschen habe die Regierungs-Pressekonferenz nicht geholfen, meinte SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried vor Journalisten. Schon der Lebensmittelgipfel Anfang der Woche sei erfolglos gewesen: "Dieser Gipfel war ein Flop, und diese Show-Pressekonferenz war der größere Flop", kritisierte Leichtfried. "Es war ein Schuldeingeständnis der österreichischen Bundesregierung, dass sie im Kampf gegen die Inflation wieder einmal vollkommen versagt hat."
Die angekündigte Verschärfung der Übergewinnsteuer für Energiekonzerne sei nichts anderes als ein Eingeständnis, dass die bisherige bloß ein "Übergewinnsteuerl" gewesen sei, und außerdem noch viel zu vage, findet Leichtfried. Die geplante Preistransparenz im Lebensmittelbereich bringe genau eines, nämlich: "Die Menschen werden besser zuschauen können, wie sie abgezockt werden." Bei der von der SPÖ verlangten Sondersitzung des Nationalrats zur Teuerungsproblematik am Freitag wollen die Sozialdemokraten die Rücknahme der Richtwertmieterhöhung und ein Einfrieren der Mieten bis 2025 sowie die Senkung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel beantragen.
Kickl kritisiert "zahnlosem Tiger"
Die notleidende Bevölkerung werde von der schwarz-grünen Bundesregierung weiter im Stich gelassen, kommentierte FPÖ-Chef Herbert Kickl das Paket zur Bekämpfung der Teuerung. Keine der heute präsentierten Maßnahmen werde die finanzielle Situation der notleidenden Menschen in absehbarer Zeit verbessern. Die Androhung einer rigoroseren Übergewinnabschöpfung sei ein zahnloser Tiger.
Die internationalen Energiepreise hätten sich seit einem Jahr von 500 auf 150 Euro pro Megawattstunde gedrittelt. Die Regierung verlange von den E-Konzernen nur eine Senkung der Preise für die Konsumenten um ein Drittel: "Finde den Fehler!" Gegen die hohen Lebensmittelpreise sowie Mieten, Bankgebühren usw. unternehme diese Regierung auch wieder nichts.
NEOS: Drei Ansätze gegen Inflation
Die NEOS sahen unterdessen sowohl die Landes- als auch die Bundespolitik in der Pflicht und sehen drei Ansatzpunkte, um die Inflation zu senken beziehungsweise die Kaufkraft der Bevölkerung zu erhöhen. Der erste Bereich seien die Landesenergieversorger, dies sich laut NEOS-Wirtschaftssprecher Gerald Loacker "hier bereichern". Für die Verbraucher gingen die Preise in die Höhe, gleichzeitig schrieben die Energieversorger 2022 enorme Gewinne. Die Landeshauptleute der einzelnen Bundesländer, die in unterschiedlicher Weise an den Versorgern beteiligt sind, könnten hier laut NEOS über ihr Beteiligungsmanagement ansetzen und Druck auf die Preispolitik der Energiekonzerne machen statt nur darauf zu warten, dass der Bund aktiv wird. Das wäre freilich mit Mindereinnahmen verbunden. "Nehmen Sie die Landeshauptleute in die Pflicht", rief Loacker am Mittwoch im Vorfeld eines Pressegesprächs auf.
Ein Bereich, wo die Bundesregierung sehr wohl eingreifen müsse, sei das Einkommen. "Die Menschen, die arbeiten, sind so zu entlasten, dass ihnen mehr von ihrem Geld bleibt", sagte Loacker. Nicht nur die Einkommensteuer auch die Kapitalertragsteuer auf Sparguthaben gehörten gesenkt. "Das wirkt auf die Preise auch entlastend." Und letztlich brauche es "eine gezielte Sozialpolitik, um die bedürftigen Haushalte zu entlasten", so der Wirtschaftssprecher.
Forderung von Doskozil
Aus dem Burgenland kam der Ruf nach einer zeitlich begrenzten staatlichen Festlegung der Energiepreise durch die E-Control - wie vor der Liberalisierung. "Die Energiepreise könnten mit der Übergewinnabschöpfung sofort für die Kunden gesenkt werden. Damit haben die Kunden und die Energielieferanten Planungssicherheit während der Energiekrise", erklärte Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ). Burgenland Energie Vorstandsvorsitzender Stephan Sharma erläuterte das Modell: "Sind die Beschaffungspreise für Strom und Gas der Energieunternehmen höher als die regulierten Energiepreise, werden die entstandenen Mehrkosten aus der Übergewinnabgabe der Energiekonzerne finanziert. Wenn die Beschaffungspreise niedriger sein sollten als die regulierten Preise, dann werden die entstandenen Gewinne zeitlich befristet, wie von der Regierung geplant, weiter abgeschöpft."
Stelzer hofft auf "spürbare Preissenkungen"
Der oö. LH Thomas Stelzer (ÖVP) wiederum hofft, dass die Gewinnabschöpfung bei Energiebetrieben "zu rasch spürbaren Preissenkungen für die Konsumentinnen und Konsumenten führt" und forderte Tempo bei der "vor Monaten angekündigten" Strompreiskompensation für heimische Betriebe. "Das ist eine Überlebensfrage für den Wirtschafts- und Arbeitsplatzstandort Oberösterreich. Ich habe kein Verständnis für parteipolitische Spielchen", verlangte er eine "ideologiebefreite Sicht auf die Dinge und die Notwendigkeiten", denn es gehe um "zigtausende Arbeitsplätze".