Ohne Information der Eltern wurden Schüler „wie Flüchtlinge“ behandelt. Jetzt stoppt die Bundesregierung das Projekt.
Blass, verwirrt und noch immer von den Ereignissen an diesem Schultag mitgenommen, vertraute sich am Abend eine 12-jährige Schülerin ihren Eltern an: Ohne Vorwarnung wurden Hunderte Kinder der Unterstufe einer Höheren Schule in Wien von den Lehrern gleich bei ihrer Ankunft in der Schule als „Migranten“ behandelt. Und die Schülerinnen und Schüler wurden mit Bändern als Flüchtlinge „gekennzeichnet“. Das „Spiel“ sah vor, dass die Schüler „spüren sollten“, wie sich Flüchtlinge bei ihrer Ankunft in Österreich fühlen würden.
„Dazu mussten wir stundenlang in Räumen sitzen, ohne dass uns erklärt worden ist, warum. Die Lehrer beantworteten unsere Fragen nicht, sondern gaben immer nur die gleichen einstudierten Antworten, die uns nicht halfen“, erzählte eine Schülerin ihren Eltern. Wer „kooperierte“, durfte in den nächsten Raum, andere Kinder mussten weiter warten – so wollte offenbar ein privater Verein, der diese Aktion in dieser Schule durchführen durfte, die Situation beim Asylgenehmigungsverfahren in Österreich nachstellen.
Von ÖSTERREICH zu dieser Aktion befragte Pädagogen halten nichts von der „Pseudo-Schocktherapie“: „Wenn die Eltern nicht vorinformiert sind, geht das gar nicht.“
In der Bildungsdirektion will man sich diesen Fall genau ansehen: „Wir wollen feststellen, ob diese Aktion auch an anderen Schulen stattfindet. Eine derartige Aktion ist absolut problematisch, umso mehr, als scheinbar die Eltern überhaupt nicht eingebunden waren.“ Gemeldet wurde dieses „Projekt“ der Direktion nicht.
Projekt wird eingestellt
Wie ÖSTERREICH bereits berichtete, schaltete sich nun auch die Bundesregierung in den Fall ein. In einem Statement erklärt Bildungsminister Heinz Faßmann in Abstimmung mit der Bildungsdirektion Wien, eine Untersuchung zu den Vorfällen an dem Wiener Gymnasium einzuleiten.
Seitens des Ministeriums wird sichergestellt, dass dieses Projekt mit sofortiger Wirkung eingestellt wird. Hier scheint eine Grenze überschritten worden zu sein. Schülerinnen und Schüler zu verängstigen ist kein pädagogisches Konzept.
Unterstützung gibt es dazu von Integrationsministerin Raab: „Ich finde es unverantwortlich und unverständlich, dass solche 'Spiele' in Österreichs Schulen abgehalten und damit Ängste bei Kindern ausgelöst werden. Es ist richtig, dass Bundesminister Faßmann hier durchgreift.“