Die Freiheitlichen beklagen die Untätigkeit der Regierung und ziehen daher jetzt selbst vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.
Die FPÖ hat beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Beschwerde gegen Sicherheitsmängel und die jüngsten Ausbaupläne des tschechischen Atomkraftwerks Temelin eingebracht. Dem freiheitlichen Abgeordneten Werner Neubauer zufolge fehlen außerdem rechtsverbindliche Sicherheitsnormen für AKW in Europa, die will er einfordern.
"Regierung kapituliert"
Mitte August hatte Prag Wien
eine grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung zum Ausbau des
Atommeilers angekündigt. Neubauer ärgert sich nun über Tschechien, "das uns
auf der Nase herumgetanzt ist", aber auch über die Bundesregierung. Nach wie
vor bestünden Sicherheitsmängel, und die Regierung tue zu wenig dagegen. Sie
kapituliere vor Tschechien und der Euro-Atom-Lobby.
Eine Völkerrechtsklage - wie schon mehrfach eingefordert und sogar vom Parlament abgesegnet - kommt nicht. Auch die FPÖ versucht diesen Schritt wegen geringer Aussichten nicht. Daher hat sie schon im Mai ihre Individualbeschwerde vor dem EGMR ausarbeiten lassen.
Staat muss Bürger schützen
Rechtsanwalt Michael Dohr
hält die Erfolgsaussichten für hoch. Tschechien sei verpflichtet, für
Schutzmaßnahmen zu sorgen, das gehe bis zur Stilllegung und dem Abriss des
Kernkraftwerks. Dohr argumentiert mit der Tendenz des Straßburger Gerichts,
aus Artikel 2 der Europäischen Menschenrechtscharta (Recht auf Leben) und
Artikel 8 (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens) zunehmend eine
Schutzpflicht des Staates gegenüber den Bürgern abzuleiten - "und zwar noch
bevor etwas passiert ist".
Urteil bindend
Erklärt das Menschenrechtsgericht die Beschwerde
für zulässig und folgt der Argumentation, kommt es zu einer Feststellung,
die alle Unterzeichnerstaaten, Tschechien eingeschlossen, zu befolgen hätten.