Keine Angst
FPÖ-Graf fürchtet sich nicht vor Abwahl
21.02.2010
Sollte er nominiert werden, will er über das Bundespäsidentenamt nachdenken.
Der von der FPÖ gestellte Dritte Nationalratspräsident Martin Graf hat keine Angst, dass ihn ein geplanter Abwahlmodus für Amtsträger betreffen könnte. "Vor so etwas fürchte ich mich nicht", sagte er im Interview, "und mit so etwas kann man mich nicht schrecken". Grundsätzlich hat der FPÖ-Politiker kein Problem mit einer solchen Möglichkeit und würde einen solchen Beschluss mittragen. Wie die Regierungsparteien sprach er sich für eine Rehabilitierung der Opfer des Austrofaschismus durch eine Einzelfallprüfung aus. Kritik übt Graf an der Verzögerung beim Parlamentsumbau sowie an der Regierung, die parlamentarische Anfragen unzureichend bis gar nicht beantworte.
Abwahldiskussion
Graf ist sich auch trotz der konkreter werdenden
Pläne, die Abwahl hoher Amtsträger zu vereinheitlichen, zuversichtlich, sein
Amt auch ausführen zu können. Er hatte nach einer Verbalattacke auf den
Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), Ariel Muzicant, Ende
Mai des vergangenen Jahres Rücktrittsaufforderungen von SPÖ, ÖVP und den
Grünen erhalten, was zu einer allgemeinen Diskussion über die Abwahl aus
hohen Ämtern führte.
Auch mit einem weiteren Vorhaben der Regierungsparteien, der Rehabilitierung der Justizopfer des Austrofaschismus-Regimes unter Engelbert Dollfuß, kann Graf gut leben. "Selbstverständlich, so die Regierungsvorlage am Ende so ausschaut, dass man wirklich den Einzelfall prüft und nicht dann generell etwas sagt." Mit dieser Meinung befindet sich der Dritte Nationalratspräsident auf einer Linie mit seinem ÖVP-Gegenüber im Präsidium, Fritz Neugebauer, und SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim.
Kritik an Prammer
Kritik an Nationalratspräsidentin Barbara
Prammer (S) kommt von Graf wegen der abermaligen Verzögerung beim
Parlamentsumbau. "Das ist eine Sache, die an sich schon besorgniserregend
ist, weil wir seit über zehn Jahren über die Missstände im Parlament
Bescheid wissen." Der FPÖ-Politiker sieht keinen Grund, auf einen Beschluss
für Sanierungsarbeiten zu warten. Graf will auch "menschenwürdige
Bedingungen" für die Parlamentsmitarbeiter schaffen, die in engen und oft
dunklen Räumen arbeiten müssten. Der Umbau des Plenarsaals sei eher
zweitrangig.
Mangelnde Disziplin von Regierungsmitgliedern bei der Beantwortung parlamentarischer Anfragen sieht Graf mit Besorgnis. "Wir haben zunehmend massiv Fälle vorliegen, wo wir keine Beantwortungen aus den Ministerien erhalten." Neben dem Auftrag an Prammer, ein Machtwort mit Regierungschef Werner Faymann (S) zu sprechen, will er über "weitere Szenarien" nachdenken. So könne man Ministern etwa eine Nachfrist setzen. Aber auch die Abgeordneten müssten sich "auf die Hinterbeine stellen". "Theoretisch gäbe es ja Instrumente wie Misstrauensanträge oder Ähnliches. Wir wissen aber, dass das zum Teil zahnlose Instrumente sind und dann muss man sich auch neue Instrumentarien einfallen lassen". Etwa die Zitierung des Ministers in Ausschüsse oder ins Parlament.
Bundespräsident?
Martin Graf (F) hält es zwar für "sehr
unwahrscheinlich", dass die FPÖ ihn als Bundespräsidentschaftskandidaten
nominiert, trotzdem kommt vom Dritten Nationalratspräsidenten kein
grundsätzliches Nein: "Ich weiß nicht, ob ich der geeignete Bundespräsident
bin, aber ich werde einmal übers Wochenende ein bisschen mehr darüber
nachdenken", sagte er im Interview. Engagieren will sich Graf vor allem bei
der Wien-Wahl, die er für die "wichtigste Wahl in diesem Jahr" hält. Das
Dritte Lager in Österreich sieht er in absehbarer Zeit ganz geeint.
Es war FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache, der Graf bei seiner Aschermittwochrede als möglichen Kandidaten für die Hofburg ins Spiel brachte. Ganz kann der Dritte Nationalratspräsident nicht daran glauben. "Ich denke nicht, dass das ernst gemeint war, aber er hat darauf hingewiesen, dass wir viele Persönlichkeiten haben, die auch einen Bekanntheitsgrad haben und kandidieren könnten", meint er, will aber nichts ausschließen: "Ich habe das kennengelernt in der Politik, dass es nie ein grundsätzliches Nein gibt und ich bin viel zu lange im politischen Geschehen drinnen."
Wichtige Wien-Wahl
Weit mehr am Herzen scheint Graf der Urnengang
in der Bundeshauptstadt zu liegen. "Ich denke einmal, dass das die
wichtigste Wahl in diesem Jahr ist und zwar nicht nur für die Freiheitliche
Partei." Alles werde sich auf das Duell zwischen dem amtierenden
Bürgermeister Michael Häupl (S), dem einzig "wirklich ernsthaften
Mitbewerber", und Strache zuspitzen. Die SPÖ werde "alles in die Schlacht
werfen, alles was gut und billig und recht und schlecht ist". Graf, der
Bezirksobmann in Wien-Donaustadt ist, will sich selbst einige Zeit zum
Wahlkämpfen nehmen. "Ich werde mich, so weit es die Geschäfte zulassen, voll
einbringen", kündigt er an.
Den oft aufkommenden Vorwurf, die FPÖ führe ausländerfeindliche Wahlkämpfe, weist Graf zurück. "Ich mache immer wieder die Erfahrung, wenn man offenkundige Sachverhalte im Zusammenhang mit dem Thema Zuwanderung einfach nur neutral anspricht, dass das schon als Aufgeregtheit gesehen wird." Nun nehme sich plötzlich auch die SPÖ dieses Themas an - "ich bin mir aber ganz sicher, dass der Wähler, die Wählerin, sehr gut weiß, wer in dieser Frage der Schmied ist und wer der Schmiedl".
Zufrieden zeigt sich Graf mit der Abspaltung der ehemaligen Kärntner Orangen vom Bundes-BZÖ: "Ich trage das mit Begeisterung mit." Er findet nicht, dass das Dritte Lager in Österreich dadurch unübersichtlich geworden sei, im Gegenteil habe man dadurch "Ordnung geschaffen". Der Dritte Nationalratspräsident sieht in der derzeitigen Kooperation nach CDU/CSU-Modell ohnehin nur eine Übergangsvariante. "Wir freuen uns, dass wir damit einen Zusammenwachsprozess begonnen haben, der am Ende natürlich eine Einigung sein wird und es auch schon gelebt wird in diese Richtung."