"Wertekodex" für städtische Kindergärten hat in Wels zu Diskussion geführt.
Ein im Auftrag von FPÖ-Bürgermeister Andreas Rabl ausgearbeiteter "Wertekodex" für städtische Kindergärten in Wels sorgt für Diskussionen. Schwerpunkt sind darin die deutsche Sprache und Christentum, berichtete "derStandard.at" Donnerstagnachmittag.
Der fünf Seiten umfassende Wertekodex sieht unter anderem vor, dass Absolventen der städtischen Kindergärten je fünf deutschsprachige Lieder und Gedichte vortragen können müssen. Diese sollen noch festgelegt werden. "Das Feiern von christlichen Festen soll den Kindern außerdem Brauchtum, Tradition, Werte und Gemeinschaft näherbringen und die Kinder stärken", steht darin weiters. Die insgesamt 13 Lernziele von Bürgermeister Rabl behandeln etwa Respekt gegenüber anderen Menschen, Konfliktlösungskompetenzen, Pflicht- und Leistungsbewusstein sowie Umweltschutz.
Der Entwurf soll noch von Verantwortlichen der Stadt und den Leiterinnen der Kindergärten diskutiert werden. Einmal in Kraft gesetzt, soll er für "das gesamte Personal in diesen Einrichtungen bindend" sein, wie es in der aktuellen Fassung des Vorwortes heißt.
Kritik
Kritik kommt von der Plattform Educare, die unter anderem für eine weltoffene Elementarpädagogik eintritt. "Wir haben einen bundesweit gültigen Bildungsplan, da brauchen wir nichts zusätzlich", wird Educare-Sprecherin Heidemarie Lex-Nalis zitiert. Der Fokus aufs Deutsche stehe im Widerspruch zu diesem. Er spreche etwa von der Förderung der jeweiligen Erstsprache als Voraussetzung für einen gelungenen Zweitspracherwerb. Schon im Jahr 2009 veröffentlichten Länder und Bildungsministerium den "Bundesländerübergreifenden Bildungsrahmenplan für elementare Bildungseinrichtungen in Österreich". Der legt einheitliche pädagogische Ziele für alle Bildungseinrichtungen für Kinder vor dem Schuleintritt fest, diene den Ländern und Kindergärten aber nur als Orientierung, wie es aus dem Bildungsministerium heißt. Ein bundesweit verbindlicher Qualitätsrahmen sei im Rahmen der Bildungsreform beschlossen worden und werde derzeit gemeinsam mit den Bundesländern erarbeitet.
Bürgermeister Rabl findet an den Punkten im Wertekodex nichts Böses. Immerhin würden 52 Prozent der Welser Kinder bei Schulantritt nicht ausreichend gut Deutsch sprechen. Deutschsprachige Lieder zu lernen sei ohnehin gelebte Praxis in den Kindergärten, und der Wertekodex würde niemanden daran hindern, den Kindern zusätzlich etwa "Frere Jacques" beizubringen.
Landesregierung wartet ab
In der oberösterreichischen Landesregierung gibt man sich gegenüber Rabls Vorstoß abwartend. "Unsere Experten schauen sich das an", zitiert der "Standard" Landeshauptmannstellvertreter Thomas Stelzer (ÖVP). "Es darf natürlich unserem Kinderbetreuungsgesetz und dem Bildungsrahmenplan nicht widersprechen." Die Stadt Wels als Betreiber könne ihren Dienstnehmern aber selbstverständlich Vorschriften machen. Politisch findet Stelzer die "Grundstoßrichtung okay". Die Vermittlung der gesellschaftlichen Grundwerte im Kindergarten sei ihm wichtig, "nach meinem Geschmack wird man das aber nicht durch Absingen bestimmter Lieder feststellen können".