Kampusch-Skandal
Fragwürdige Mails zu angeblicher Ermittlungspanne
07.02.2008
Der Prokop-Kabinettsmitarbeiter an den BK-Chef: "Versuche, die Sache ohne größere Eklats abzuschließen".
Ein fragwürdiger Mailverkehr um eine angebliche Ermittlungspanne im Fall Natascha Kampusch sorgt für Aufregung: Am Donnerstag wurde der Schriftverkehr zwischen dem Ex-Bundeskriminalamtschef Herwig Haidinger und dem Kabinettsmitglied von Innenministerin Liese Prokop (V), Bernhard Treibenreif, bekannt, in dem der BK-Chef auf eine Untersuchung der möglichen Fehler drängt, da dies "möglicherweise Auswirkungen hinsichtlich eines allfälligen Amtshaftungsanspruchs des Opfers" habe. Treibenreif zeigte sich dagegen bemüht, "die Sache ohne größere Eklats abzuschließen". Widersprüche ergeben sich im Nachhinein auch um ein angebliches Alibi Priklopils. Das Entführungsopfer forderte unterdessen eine "lückenlose Aufklärung".
Eindruck der "Vertuschung"
Der dokumentierte
Mailverkehr zwischen Haidinger und Treibenreif im Zeitraum von 28. August
bis 26. September 2006 fördert zumindest aufklärungswürdige Anliegen des
Kabinetts zutage. Haidinger weist wiederholt darauf hin, dass ein zweiter
Tipp auf Kampusch-Entführer Wolfgang Priklopil, den ein Polizeihundeführer
im Sicherheitsbüro abgab, offenbar nicht weiter verfolgt worden sei, und
dass die Aufklärung dieser Frage auch für Kampusch Relevanz habe. Zweimal
betont er, dass dies auf einen allfälligen Amtshaftungsanspruch der jungen
Frau Auswirkungen habe und spricht an einer Stelle von seinem Eindruck,
"dass hier 'etwas vertuscht' werden soll".
"Angelegenheit ohne größere Eklats abschließen"
Treibenreif
wiegelte dagegen ab: "Ich ersuche dich weiterhin - wie auch schon bisher
zwischen uns vereinbart - unsere beiden Vereinbarungen in dieser
Angelegenheit zu beachten. (...) Wir beide wissen, dass auch die mediale
Präsenz bisher von Euch (...) sehr sehr gut abgearbeitet wurde. Deshalb
immer wieder auch meine Versuche, die Angelegenheit ohne größere Eklats
abzuschließen - wäre ja schade darum."
"...bis zu den Nationalratswahlen damit zuzuwarten"
Was
hinter dem Ersuchen steht, den Tipp des Hundeführers im Nachhinein nicht
mehr zu untersuchen, liest sich nach Darstellung Haidingers in einem Mail an
Treibenreif (26. September 2006) so: "Inhalt dieser Weisung war auch eine
zeitliche Komponente: Nämlich bis zu den Nationalratswahlen damit
zuzuwarten." Diese fand am 1. Oktober statt. Treibenreif war am Donnerstag
für keine Stellungnahme zu erreichen.
"Es wird so getan, als würde die Polizei nichts arbeiten."
Innenminister
Günther Platter (V) versprach am Donnerstag eine "vollständige und
lückenlose Aufklärung". Er stellte sich zudem hinter seine Beamten: Die
Polizei habe exakt gearbeitet, "wenn man einen Fall nachkonstruiert, der
bereits abgeschlossen ist, dann ist es einfach, logische Schlüsse zu
ziehen". Der Hundeführer sei außerdem bereits früher einvernommen worden,
als dies Haidinger darstellte, so der Minister. Dies sei bereits am 23.
August 2006 geschehen. "Es wird so getan, als würde die Polizei nichts
arbeiten."