Raab nimmt auf oe24-Stellung
Frauenministerin über die Sittenwächter: "Ich bin entsetzt"
13.08.2020
Fünf Männer und eine Frau aus Tschetschenien bedrohten Frauen, die sich 'zu westlich' verhielten.
Wien/Linz. In Wien und Linz sind Mitte Juni fünf Männer und eine Frau festgenommen worden, weil sie mindestens zehn Opfer verfolgt, bedroht oder verletzt haben sollen. Die Tschetschenen im Alter zwischen 19 und 37 Jahren stehen im Verdacht, einer Gruppierung anzugehören, die sich als "Sittenwächter" versteht. In den Fokus der Gruppe gerieten tschetschenische Frauen, die sich "zu westlich" verhielten.
Die Polizei geht davon aus, dass es sowohl weitere Opfer als auch weitere Täter gibt. Die Ermittlungen laufen, teilte ein Polizeisprecher am Donnerstag mit.
Stellungnahme der Frauenministerin zu den Sittenwächtern
ÖVP-Integrations- und Frauenministerin Susanne Raab nimmt auf oe24 Stellung zu den brutalen Sittenwächtern: "Ich bin über diese Vorfälle entsetzt. Frauen leben in Österreich frei und wählen ihren Lebensweg selbst. Wenn diese Selbstbestimmung der Frau beschnitten wird, werden Menschenrechte verletzt. Wer glaubt, dass er in Österreich Parallelstrukturen aufbauen und Frauen aufgrund von Verhaltensweisen oder Wertevorstellungen denunzieren, einschüchtern, bedrohen oder sogar verletzen kann, muss damit rechnen, bestraft zu werden. In unserem Rechtsstaat dulden wir so etwas nicht. Integration bedeutet auch immer, die Grundwerte und Freiheiten Österreichs zu akzeptieren. Ich bin der Polizei sehr dankbar, dass hier so rasch reagiert wurde und die Täter festgenommen wurden."
FPÖ zu Sittenwächter: 'Die Herkules wartet schon'
Die FPÖ fordert in einer Aussendung rigorose Abschiebungen. "Bei all den Problemen, die es mit Tschetschenen in Wien gibt, sind solche Kräfte, die die sauteuren und oft völlig wirkungslosen Integrationsbemühungen der Stadt Wien zunichtemachen, besonders störend. Solchen islamistischen Integrations-Saboteuren kann man nur ausrichten: Die Herkules wartet schon“, so Wiens FP-Chef Dominik Nepp.
„Das rot-grüne Wien ist so naiv und glaubt immer noch fest daran, dass alles gut wird, wenn man diesen Verbrechern nur genug Geld, Verständnis und eine Gemeindewohnung anbietet. Wir Freiheitliche sind davon überzeugt, dass man solche Leute nicht fördern, sondern abschieben muss“, so Nepp weiter.
Betroffene meldete sich bei Polizei
Ins Rollen kam der Fall, nachdem sich eine betroffene Frau an die Polizei gewandt hatte. Daraufhin meldeten sich weitere Frauen, die Ermittlungen der Polizei starteten. Bisher sind zehn Opfer bekannt.
Die hierarchisch strukturierte Gruppierung soll seit zumindest Anfang des Jahres agiert haben, berichtete die Polizei. Die Mitglieder sollen aus Tschetschenien stammende Frauen, in manchen Fällen auch deren Partner und Familien, belehrt, bedroht und verfolgt haben - und zwar, wenn sich diese nach Ansicht der Beschuldigten "zu westlich" oder nicht den Wertvorstellungen entsprechend verhalten hatten. Die Opfer berichteten, dass beispielsweise ein Foto in Badebekleidung oder eine Beziehung zu einer nicht tschetschenisch-stämmigen Person ausgereicht hatte, um ins Visier der Gruppe zu geraten.
Täter gingen systematisch vor
Die Täter gingen systematisch vor, schilderte ein Polizeisprecher am Donnerstag. Zuerst sollen die Mitglieder der Gruppierung den Bekanntenkreis, aber auch Soziale Medien, durchforstet haben. Gab es Anhaltspunkte für "Vergehen", wurde jemand losgeschickt, um mit der jeweiligen Frau zu sprechen. Hat das nicht gefruchtet, wurden auch Familienmitglieder in die Drohungen miteinbezogen, so die Polizei. Weiters sollen Bilder der Frauen in Moscheen aufgehängt worden sein, um sie zu denunzieren. Laut Polizei folgten bei Nicht-Einlenken der Frauen weitere Drohungen und auch Gewalt, egal ob Zuhause oder am Arbeitsplatz. Initiiert wurden die Taten laut Polizei eher von den älteren Mitgliedern der Gruppe.
Mitte Juni erfolgte dann die Festnahme von sechs Personen, auch mit Unterstützung des Einsatzkommandos Cobra. Zusätzlich stellten die Beamten an den Wohnadressen der Beschuldigten in Wien und Linz Mobiltelefone, diverse Gas- und Schreckschusswaffen sowie 5.000 Euro Bargeld sicher.
Ob die Waffen bei den Drohungen an die Frauen zum Einsatz kamen, konnte die Polizei am Donnerstag nicht sagen. Die Verdächtigen sollen aber in Sozialen Netzwerken damit posiert haben, hieß es. Die Beschuldigten wurden wegen zahlreicher strafrechtlicher Delikte angezeigt, insbesondere wegen des Verdachts der mehrfachen Körperverletzung, Nötigung sowie der kriminellen Vereinigung.