Milliarden-Thriller

Fritsche: Zeitgleich BVT und Wirecard-Chefs beraten

09.09.2020

Der Milliarden-Thriller um den Finanzdienstleister Wirecard hat nun auch ein interessantes Kapitel in Wien.

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© BMI / Alexander TUMA; APA/HELMUT FOHRINGER
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Er war bis Anfang 2018 Staatssekretär im Bundeskanzleramt in Berlin, Beauftragter für sämtliche Nachrichtendienste Deutschlands: Klaus-Dieter Fritsche (67) wollte dann allerdings nicht seine Pension an einem Seeufer mit Angeln verbringen – der Deutsche ließ sich vom jetzigen FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl Anfang 2019 anheuern.

Fritsche, so die Ankündigung des damaligen Innenministers, sollte das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorbekämpfung (BVT) durchleuchten, die Reformgruppe beraten. Kickl im Februar 2019: „Ich freue mich, dass wir diesen Fachmann für eine so wichtige Aufgabe gewinnen konnten.“

Der „Mastermind der deutschen Sicherheitsstruktur“ (Zitat aus einer Aussendung des Innenministeriums) ging dann auch neun Monate lang in der BVT-Zentrale am Wiener Rennweg ein und aus: Alles, was der Experte sehen wollte, wurde ihm erklärt und gezeigt.

Deutscher durfte im BVT
neun Monate lang alles sehen

Salär. Für die neun Monate dauernde Beratung der österreichische Verfassungsschützer verrechnete der deutsche Ex-Staatssekretär 79.000 Euro, also 8.777 Euro pro Monat. Ein Ergebnis dieser Arbeit durften wir Steuerzahler nicht sehen, das BVT wird noch immer reformiert – nun schon seit fast zwei Jahren …

Hilfe für Manager, die
gute Kontakte zu Moskau haben

Der seltsame „Seitenwechsel“ zu den Österreichern hat in Berliner Geheimdienstkreisen für etwas Irritation gesorgt. Doch nicht genug: Klaus-Dieter Fritsche hatte zeitgleich zu seiner Beratungstätigkeit bei den Wiener Agenten noch einen weiteren prominenten Kunden. Wie er jetzt gegenüber dem Spiegel zugegeben hat, lobbyierte er im Sommer 2019 auch für den Finanzdienstleister Wirecard.

Für seine Dienstleistungen – darunter die Einfädelung eines Gesprächstermins für die Wirecard-Manager im Kanzleramt – hätte er ein „für externe Berater übliches Salär“ bekommen.

Fazit: Jener deutsche Geheimdienst-Experte, der Österreichs Verfassungsschutz durchleuchtet hat, beriet zeitgleich auch die mutmaßlichen Milliardenbetrüger der Wirecard-Chefetage, die über beste Beziehungen zu Russland verfügen sollen …

Wie berichtet, soll der aus Wien stammende Wirecardmanager Jan Marsalek ja noch immer in der Nähe von Moskau untergetaucht sein.

RS

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