Fritz Neugebauer ist noch lange nicht reif für die Pension. Mit 64 geht es der Operetten-Liebhaber noch mal an.
Der Vorsitzende der Beamtengewerkschaft und Obmann des ÖVP-Arbeitnehmerbunds wurde zum Präsidenten des Nationalrats, allerdings - für den Frontmann wohl ungewöhnlich - nur zum Zweiten Präsident. Der Job scheint für den ausgebildeten Lehrer wie geschaffen. Er liebt den großen Auftritt und ist als langjähriger Parlamentarier auch bezüglich der Tücken der Geschäftsordnung gewappnet.
Als GÖD-Chef bekannt
Bekannt wurde Neugebauer als Chef der
Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD). Dort begründete er seinen Ruf als
beinharter Lobbyist und Strippenzieher. Seine Beamten konnten sich immer
darauf verlassen, dass ihr Vorsitzender das Maximum an Gewinn bzw. das
Minimum an Schaden für sie herausholen würde. Allerdings war er auch bei
seinen jeweiligen Verhandlungspartnern nicht so unbeliebt wie manchmal in
der Öffentlichkeit gedacht. Denn Neugebauer ist im persönlichen Umgang nicht
unangenehm und letztlich auch im höchsten Maß pragmatisch.
Dass Neugebauer für die Seinen etwas weiterbringt, erkannte man auch im ÖAAB. Dass er es als Beamter im Arbeitnehmerbund zum Vorsitzenden brachte, ist zumindest erstaunlich. Es zahlte sich für den ÖAAB aber aus. Nach der eher müden Ära von Werner Fasslabend gewann die schwarze Arbeitnehmer-Organisation unter Neugebauer rasch wieder Gewicht, sowohl was das Inhaltliche betrifft als auch bezüglich der Posten-Besetzung.
Bandion-Ortner Neugebauers "Liebling"
Allerdings hat
Neugebauer da seinen Herren nicht immer den besten Dienst getan.
Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky soll ebenso auf seine Einflüsterung ins
Amt gekommen sein wie Finanzstaatssekretär Alfred Finz. Beide werden in der
ÖVP heute nicht als allerbeste Kräfte gesehen. Auch die neue
Justizministerin Claudia Bandion-Ortner gehört übrigens zu Neugebauers
Lieblingen.
Vergünstigungen für Beamten
Während sich der
Beamtenchef in der eigenen Partei während der letzten Jahre eine immer
größere Bedeutung erarbeitete, ging es im ÖGB bergab, zumindest imagemäßig.
Als starker Schwarzer dort ohnehin immer mit Misstrauen beäugt, zog er sich
endgültig den Unmut der Basis zu, als er zuerst öffentlich gewohnt
wortgewaltig gegen die schwarz-blaue Pensionsreform zu Felde zog, um sie
dann doch als Abgeordneter im Parlament mit zu beschließen. Schließlich
hatte er davor noch einige Vergünstigungen für seine Beamten herausgeholt.
Weiters an seiner Beliebtheit kratzte der zunehmende Drang nach Eigenständigkeit der GÖD innerhalb des ÖGB. Neugebauer warb für eine Teilrechtsfähigkeit der Beamten, die Gewerkschaft im Gesamten ahndete das als fehlende Solidarität. Abgestraft wurde der GÖD-Chef beim letzten Bundeskongress des ÖGB. Sensationell verfehlte er (wie Frauenchefin Renate Csörgits) die notwendige Mehrheit, um in den Vorstand einzuziehen. Als Beamten-Vorsitzender hat er freilich auch so genug zu sagen.
VHS/HS-Lehrer
Geboren wurde Neugebauer am 10. Oktober 1944 in
Wien. Nach seiner Lehramtsprüfung in den Fächern Deutsch,
Geschichte/Sozialkunde und Geographie/Wirtschaftskunde begann er seine
berufliche Karriere als Pädagoge an Volks-, Hauptschulen und Polytechnischen
Lehrgängen. Nach diversen Funktionen in der Lehrergewerkschaft wurde er 1989
zum stellvertretenden Vorsitzenden der GÖD. 1991 erhielt er dann schon den
Vorsitz in der FCG, 1997 löste Neugebauer dann den legendären Siegfried Dohr
als Beamtenchef ab.
1996 schnupperte Neugebauer erstmals einige Monate im Nationalrat, seit 2002 sitzt er ohne Pause im Hohen Haus. Chef des ÖAAB ist er seit dem Herbst 2003.
Neugebauer ist verheiratet und Vater zweier erwachsener Söhne. Als seine größten Hobbys gelten das Motorradfahren und die Operette.