Androsch reicht’s
Frontal-Angriff auf Lehrer
29.05.2013
Ex-Politiker: Ende der Blockade. „Sowjets waren weniger stur“.
Seit einem Jahr verhandeln Regierung und Gewerkschaft das Lehrer-Dienstrecht – nächste Woche trifft man sich zur 28. (!) Runde, ohne dass sich die Lehrer bisher bewegen.
Ministerin verliert die Geduld mit den Lehrern
SPÖ-Unterrichtsministerin Claudia Schmied verliert langsam die Geduld – aber nicht nur sie: Der Initiator des Bildungsvolksbegehrens, Hannes Androsch, geht jetzt frontal auf die Lehrer-Gewerkschaft sowie auf Beamten-Chef Fritz Neugebauer (ÖVP) los.
Im ÖSTERREICH-Interview vergleicht der Ex-SPÖ-Politiker die Gewerkschaft nicht nur mit den Sowjets zur Zeit des Kalten Kriegs („Im Vergleich waren seinerzeit die Sowjets im UN-Sicherheitsrat mit Ihrer Politik des Njet ein Ausbund an Kompromissbereitschaft.“) Androsch fordert, dass die Regierung – „in Österreich völlig unüblich“ – das Dienstrecht notfalls auch gegen die Gewerkschaft als Gesetz beschließt. Und: Der ÖVP droht Androsch mit einem Bildungswahlkampf, sollte sie nicht dazu bereit sein.
Lehrer sollen wesentlich mehr Geld verdienen
Denn das Angebot der Regierung an die Lehrer ist attraktiv: Je nach Schultyp sollen die Einstiegsgehälter laut Regierungsangebot von 2.420 Euro (Volksschule) bis zu 2.913 Euro (BHS) brutto im Monat steigen. Ein Junglehrer in der BHS oder in der Oberstufe des Gymnasiums mit mehreren Hauptfächern kann sogar auf 3.161 Euro und damit auf ein Plus von bis zu 868 Euro kommen.
Hannes Androsch im Interview: »Raus aus Geiselhaft der Lehrer«
ÖSTERREICH: Was sagen Sie als „Bildungs-Volksbegehrer“ zum derzeitigen Verhandlungsstillstand beim Lehrer-Dienstrecht?
Hannes Androsch: Wir brauchen Schulzentren mit ganztägig verschränktem Unterricht, wir brauchen dazu natürlich das neue Lehrer-Dienstrecht. Und zwar möglichst schnell. Die Gewerkschaft spielt jetzt schon seit 20 Jahren nach dem Motto: „Ohne uns geht’s nicht – und mit uns erst recht nicht.“ International gesehen stehen unsere Lehrer ja gut da – die Regierung sollte sich aber jetzt von der Gewerkschaft nicht mehr in Geiselhaft nehmen lassen.
ÖSTERREICH: Heißt das, die Regierung sollte das Dienstrecht alleine über den Kopf der Gewerkschaft hinweg beschließen?
Androsch: Das ist zwar in Österreich unüblich, aber rechtlich sehr wohl möglich. Und jetzt auch notwendig. Dieser Bildungsstillstand ist doch nicht mehr zu verantworten. Im Vergleich zur Lehrergewerkschaft waren seinerzeit die Sowjets im UN-Sicherheitsrat mit ihrer Politik des Njet ein Ausbund der Kompromissbereitschaft.
ÖSTERREICH: Jetzt ist es aber so, dass zwar die SPÖ gern bereit wäre, das Lehrer-Dienstrecht alleine zu beschließen. Der Koalitionspartner ÖVP genau das aber nicht tun will.
Androsch: Dann muss man sie nennen, was sie ist: nämlich einen Bildungsfeind. Es kann doch nicht sein, dass es seit 20 Jahren oder noch länger einen völligen Stillstand in diesem zentralen Bereich gibt, von dem die Zukunft unserer Kinder abhängig ist.
ÖSTERREICH: Wie wollen Sie denn ÖVP und die Lehrer-Gewerkschaft zum Umdenken bringen?
Androsch: Indem wir alles tun, um diese Blockade zu einem Wahlkampfthema zu machen. Wir werden das als Bildungsvolksbegehren jedenfalls versuchen.
Wien: Jeder 5. ist Risikoschüler
Lesetest: 18,6 % der 10-Jährigen und 22,4 % der 14-Jährigen zeigen Schwäche.
Wien. Armutszeugnis für Wiens Bildungssystem: Der zum dritten Mal durchgeführte „Wiener Lesetest“ offenbarte bei jedem fünften Schüler extreme Schwächen. Insgesamt haben 31.000 Schüler der vierten und achten Schulstufe am Test teilgenommen, die Ergebnisse sind ähnlich schwach wie bereits im Vorjahr.
Die Details: 18,6 Prozent der Schüler der Zehnjährigen gehören zu den schwächsten Lesern, hingegen sind 38,7 Prozent in dieser Altersstufe sehr gute Leser. Bei den Vierzehnjährigen ist der Wert der schlechtesten Leser noch höher: 22,4 Prozent von ihnen haben Probleme beim Lesen, aber 38,2 Prozent schafften ein „sehr gutes“ Ergebnis.