Missbrauchsskandal
Für Bandion kein Grund, aktiv zu werden
11.03.2010
Während die Justizministerin noch keine konkreten Pläne schmiedet, schlägt die SPÖ längere Verjährungsfristen, Anzeigepflicht und Entschädigungsfonds vor.
Nachdem in den vergangenen Tagen immer mehr Missbrauchsfälle im kirchlichen Umfeld bekanntgeworden sind, ist die politische Debatte am Donnerstag voll entbrannt. SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim forderte unter anderem eine Verlängerung der Verjährungsfristen, Parteifreundin und Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek kann sich sogar einen Wegfall vorstellen. ÖVP-Justizministerin Claudia Bandion-Ortner erklärte, sie sei bereit, eine Anzeigenpflicht bei Sexualdelikten zu diskutieren.
- Die jüngsten Verdachtsfälle kommen aus dem Kloster Kremsmünster. Mehr dazu hier.
Anzeigepflicht, Entschädigungsfonds
Jarolim forderte in der "Kleinen
Zeitung" im Zusammenhang mit sexuellem Missbrauch von Minderjährigen
eine Verdoppelung des Strafrahmens, um die Verjährungsfristen zu verlängern.
Weiters drohte er der Kirche mit einer "gesetzlichen Anzeigepflicht",
falls sie ihre Kenntnisse von sexuellem Missbrauch weiterhin geheim halte.
Für die Opfer will Jarolim einen Entschädigungsfonds, aus dem 50.000 bis
70.000 Euro als Schmerzensgeld und für Behandlungskosten bezahlt werden
können.
Spätere Verjährung
Man müsse "schleunigst"
über die Verjährungsfristen nachdenken, meinte auch Heinisch-Hosek. Es sei
durchaus denkbar, die Fristen in einem weiteren Schritt auch zu verlängern,
sie könne sich sogar einen Wegfall der Verjährungsfristen bei
Kindesmissbrauch vorstellen. Die Diskussion wolle sie aber losgelöst von
Anlassfällen sehen.
"Kein Grund für Aktivität"
Bandion-Ortner
ließ allerdings gegenüber der "Kleinen Zeitung"
mitteilen, sie habe "keine konkreten Pläne und keinen Grund, jetzt
aktiv zu werden", sie sei aber "offen" und beobachte die
internationale Debatte. Über eine Anzeigenpflicht bei Sexualdelikten könne
man diskutieren.
Grüne gegen Anzeigepflicht
Zurückhaltend geben sich auch
die Grünen: Über Verjährungsfristen könne man grundsätzlich diskutieren,
meinte Justizsprecher Albert Steinhauser. Wichtig sei hier aber der
Expertendiskurs vor allem mit Psychotherapeuten, jedenfalls sei er gegen "Schnellschüsse".
Von einer Anzeigenpflicht hätten Ärzte und Psychotherapeuten in den
vergangenen Jahren abgeraten, und "so lange aus dieser Ecke keine
anderen Signale kommen", bleibe er bei seiner Meinung gegen eine
Anzeigenpflicht.
Orange wollen Runden Tisch
Einen Runden Tisch forderte BZÖ-Chef
Josef Bucher, Bandion-Ortner solle sofort dazu einladen. Vertreter der
Regierung, der Kirchen, der Opfer und Experten sollten gemeinsam - nicht
ausschließlich auf die katholische Kirche bezogen - Hilfen für Opfer von
Kindesmissbrauch finden und vorbeugende Maßnahmen beschließen, so Bucher.
Sicherheitssprecher Peter Westenthaler will das Aus für Verjährungsfristen
für Sexualstraftäter.
Blaue für längere Verjährungsfrist
Die FPÖ, die
schon am Mittwoch eine Verlängerung der Verjährungsfristen gefordert hatte,
nutzte die Diskussion am Donnerstag für Wahlkampftöne in Sachen
Bundespräsident: Man vermisse eine "klare und unmissverständliche
Verurteilung" der Fälle durch Bundespräsident Heinz Fischer, Fischer
hülle sich in Schweigen, so FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, da sei man "als
Bürger und Elternteil fassungslos".