Keine Mehrheit
Für Kinderrechte heißt es "bitte warten"
08.12.2009
Kritiker bemängeln, dass nur ein Teil der UN-Konvention übernommen wird.
Kinderrechte sollen in die österreichische Verfassung gehoben werden - dies sollte der Nationalrat am Donnerstag beschließen. Der Beschluss dürfte jedoch scheitern, da die Opposition angesichts der Vorgänge im U-Ausschuss die Zustimmung zu sämtlichen Zwei-Drittel-Materien verweigert hat. Organisationen wie das Netzwerk Kinderrechte kritisierten bis zuletzt die ihrer Meinung nach mangelnde Konsequenz bei der Umsetzung der UN-Konvention.
Kinderrechte
Durch die Verankerung in der Verfassung werden
Kinderrechte künftig einklagbar. So könnte sich die Vertretung eines Kindes
beispielsweise ans Höchstgericht wenden, wenn sich ein Elternteil nicht an
Vereinbarungen zur gemeinsamen Obsorge hält. Der Entwurf von SPÖ und ÖVP für
das neue Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern umfasst acht
Artikel, wobei es sich beim achten nur um eine Durchführungsbestimmung
handelt. Kritiker vermissen in der Vorlage allerdings zentrale Themen der
Kinderrechtskonvention wie Gesundheit, Freizeit, Bildung oder Kinderarmut.
UN-Konvention
Die UN-Konvention umfasst 54 Artikel, aber auch
hier handelt es sich zum Teil um Durchsetzungsbestimmungen, erklärte
Elisabeth Schaffelhofer vom Netzwerk Kinderrechte. Wie viele Punkte der
UN-Konvention in Österreich umgesetzt werden, lasse sich somit nicht exakt
sagen. Gravierend sei jedoch, dass sich etwa der Satz "Alle Kinder sind
gleich" nicht im Entwurf findet, so Schaffelhofer.
Gleich im ersten Artikel der SPÖ-ÖVP-Vorlage heißt es, dass jedes Kind Anspruch auf Schutz und Fürsorge hat. Kinder haben weiters Anspruch auf regelmäßige persönliche Beziehungen zu beiden Elternteilen (Art. 2) und auf Partizipation entsprechend ihrem Alter (Art. 4). Kinderarbeit ist verboten (Art. 3) und jedes Kind hat das Recht auf eine gewaltfreie Erziehung (Art. 5). Opfer von Gewalt oder Ausbeutung haben außerdem ein Recht auf Entschädigung und Rehabilitation. Die Gleichbehandlung behinderter und nicht behinderter Kinder ist in allen Bereichen des täglichen Lebens zu gewährleisten (Art. 6).
Umstritten
Umstritten ist der Artikel 7 des Entwurfs, denn dieser
sieht einige Einschränkungen vor, etwa was straf- oder fremdenrechtliche
Maßnahmen betrifft. Ein Gesetzesvorbehalt wie dieser ist laut Angaben des
Familienstaatssekretariats sowohl in der österreichischen Rechtsordnung als
auch international Standard. So entspreche der diskutierte Artikel 7 dem
Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention. Für das Netzwerk
Kinderrechte bleibt der Artikel dennoch ein "Hauptkritikpunkt":
Gesetzesvorbehalte seien zwar Usus, dies aber nur, wenn es um Gesetze für
Erwachsene, und nicht um Kinderrechte, geht.
Mit einem eigenen Bundesverfassungsgesetz (BVG) Kinderrechte wäre Österreich Vorreiter in Europa, zeigte sich das Staatssekretariat weiters überzeugt. Das Netzwerk Kinderrechte wies allerdings darauf hin, dass eine Transformation in vielen Ländern Europas gar nicht nötig wäre, da die UN-Konvention dort bereits direkt gilt. In Bulgarien, Estland, Italien oder Portugal sei dies etwa der Fall. Eine Transformation wie in Österreich hingegen wäre unter anderem in Finnland, Irland oder Ungarn notwendig.