Im Kampf gegen die ungleiche Bezahlung von Frauen und Männern hat SPÖ-Frauenministerin Heinisch-Hosek einen ersten Schritt gesetzt.
Als Beitrag zur Verringerung der Einkommensschere sollen Unternehmen künftig jährlich einen Einkommensbericht erstellen, der die durchschnittlichen Löhne und Gehälter von Männern und Frauen aufzeigt. Eine entsprechende Einigung mit den Sozialpartnern und der Industriellenvereinigung gaben SPÖ-Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek und SPÖ-Sozialminister Rudolf Hundstorfer am Mittwoch bekannt. 2011 soll die Regelung zunächst nur für Unternehmen mit über 1.000 Mitarbeitern gelten, Sanktionen für säumige Betriebe sind nicht geplant.
Schrittweise Einführung
Die Regelung für 2011 (im ersten
Quartal muss der Bericht für 2010 vorgelegt werden) betrifft rund 200
Betriebe und damit rund 15 Prozent aller Arbeitnehmer. Ab 2012 müssen
demnach alle Betriebe mit über 500 Mitarbeitern (betrifft rund 600 Betriebe
oder 24 Prozent aller Arbeitnehmer) einen Einkommensbericht erstellen, ab
2013 Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern (rund 1.500 Betriebe oder 34
Prozent der Arbeitnehmer) und ab 2014 schließlich Unternehmen mit mehr als
150 Mitarbeitern (rund 2.800 Betriebe oder 41 Prozent der Arbeitnehmer, alle
Relationen beziehen sich auf Daten aus dem Jahr 2010).
Mitterlehner einverstanden
Diese Einigung habe man mit den
Sozialpartnern (ÖGB, Arbeiterkammer, Landwirtschaftskammer,
Wirtschaftskammer) und der IV getroffen, so die Ministerin, auch
ÖVP-Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner habe bereits sein
Einverständnis gegeben, mit der Änderung im Gleichbehandlungsgesetz in
Begutachtung zu gehen. Im Herbst soll die Novelle beschlossen werden.
Vom Wunsch noch weit weg
"Das Versteckspiel mit den
Einkommen hat ein Ende", freute sich Heinisch-Hosek. Von ihrer
ursprünglichen Forderung - sie wollte verpflichtende Einkommenstransparenz
in Betrieben ab 25 Mitarbeitern - ist man mit dieser Lösung aber weit
entfernt. Rom sei auch nicht an einem Tag erbaut worden, meinte die
Ministerin dazu. Heute sei sie zufrieden. Außerdem glaube sie an einen "Schneeballeffekt"
und daran, dass kleine Betriebe freiwillig zu diesem Schritt bereit sein
würden. Hundstorfer erklärte, dass man das "Machbare"
sehen sollte, außerdem könne es ja weitere Entwicklungen geben.
Einzelgehälter bleiben geheim
In den Einkommensberichten
sollen die durchschnittlichen Gehälter der Frauen und Männer in den
verschiedenen Verwendungsgruppen verglichen werden, um die Arbeitszeit
bereinigt (hochgerechnet auf Vollzeitbeschäftigung) und anonym. Einfließen
sollen auch Determinanten wie die Dauer der Betriebszugehörigkeit.
Rückschlüsse auf Einzelgehälter soll es keine geben. Der Bericht sei dann
der Belegschaftsvertretung vorzulegen, in Unternehmen ohne Betriebsrat sei
er, etwa im Personalbüro, den Mitarbeitern zugänglich zu machen.
Keine Sanktionen enthalten
Man orientiere sich bei der Regelung
am schwedischen Modell, meinten die Minister. Sanktionen, wenn ein
Unternehmen keinen derartigen Bericht erstellt, wie sie etwa in Schweden
vorgesehen sind, soll es in Österreich aber nicht geben. Für Heinisch-Hosek
ist die Regelung trotzdem "überhaupt nicht zahnlos", die
Berichte könnten etwa Einzelpersonen als Beweismittel vor Gericht dienen.
Außerdem sei nicht ausgeschlossen, dass man in einigen Jahren "weiter
gehen" wolle. Weil alle Sozialpartner und die IV mit an Bord seien,
glaube er, dass die Betriebe sehr wohl mitmachen werden, ergänzte
Hundstorfer.
Gleiches Recht für Beamte
Wiewohl die Einkommen im
öffentlichen Dienst auch jetzt schon transparent seien, wie Heinisch-Hosek
betonte, soll im Herbst auch das Gleichbehandlungsgesetz für den
öffentlichen Dienst angepasst werden, damit es auch im Bundesdienst Berichte
in dieser Form gibt.
Keine "überbordende Verwaltung"
Die Einigung der
Sozialpartner sei die Grundlage für einen Gesetzesentwurf zur Schaffung von
mehr Einkommenstransparenz, erklärte Mitterlehner später. Er zeigte sich
erfreut, dass kleine Betriebe von der Regelung ausgenommen sind, da so "überbordende
Verwaltungslasten" vermieden würden. Auch sei positiv, dass die
Einkommensberichte nicht an externe öffentliche Stellen gehen, sondern im
Betrieb bleiben.
Als weitere Maßnahme zur Verkleinerung der Einkommensschere sollen Betriebe künftig außerdem in Stelleninseraten angeben, welcher Kollektivvertrag für den jeweiligen Posten gilt und ob man mehr bezahlt als dort vorgesehen. Dies diene der Orientierung, wie viel Gehalt man erwarten könne, so Hundstorfer. Bei Nichteinhaltung drohen Verwaltungsstrafen. Weiters wolle man im Internet einen Lohn- und Gehaltsrechner anbieten, bei dem man die durchschnittlichen Verdienstmöglichkeiten nach Branche, Ausbildung und Tätigkeitsprofil abfragen kann. Die Finanzierung dieses Projekts gelte es aber noch zu klären, räumte Hundstorfer ein.
Im von den Sozialpartnern erarbeiteten Papier zum Nationalen Aktionsplan zur Gleichstellung, indem auch die Einigung zur Gehaltsoffenlegung enthalten ist, heißt es übrigens: Das Maßnahmenpaket sei "ein Meilenstein zur Gleichbehandlung von Männern und Frauen", gleichzeitig sei aber darauf geachtet worden, "die beteiligten Akteure nicht zu überfordern".
Opposition sieht "keinen Meilenstein"
Die Grünen haben
sich am Mittwoch enttäuscht über die Einigung zur Gehaltsoffenlegung in
Unternehmen gezeigt. Es handle sich um "keinen Meilenstein", "bestenfalls um
einen Anstoß zur Sensibilisierung", kritisierte die Grüne Frauensprecherin
Judith Schwentner. Ähnlich reagierte die FPÖ, das BZÖ ist ebenfalls
skeptisch.