Telekom-Affäre
Geheim-Treffen mit Lobbyist Hochegger
30.08.2011
Causa Telekom wird zum Polit-Thriller: Dauerverhöre und neue Zeugenlisten.
Die Affäre um manipulierte Aktienkurse der Telekom und ungerechtfertigte Bonuszahlungen entwickelt sich immer mehr zum Polit-Thriller. Der mittlerweile mehrere Hundert Seiten starke Akt (Kernstück: das Tagebuch und das Geständnis des Telekom-Kronzeugen Gernot Schieszler) ist hochbrisant. Nicht nur prominente Manager, auch ehemalige Regierungsmitglieder müssen in den nächsten Tagen damit rechnen, eine Vorladung der Staatsanwaltschaft zu erhalten – als Zeugen oder als Beschuldigte.
Hier klicken: Auch Ex-FP-Minister Matthias Reichhold auf Hocheggers "Gehalts-Liste"? >>>>
PR-Mann Peter Hochegger muss noch diese Woche zum zweiten Mal beim Staatsanwalt aussagen.
Die Liste der Beschuldigten der Telekom – für alle gilt die Unschuldsvermutung – ist lang: Neben Schieszler sind das Ex-Telekom-Vorstand Rudolf Fischer, Ex-Finanzvorstand Stefano Colombo sowie die Ex-Generaldirektoren Heinz Sundt und Boris Nemsic, der Ex-Telekom-Mitarbeiter Josef Trimmel und der Banker Johann Wanovits, über den die Kauforder bei der Kursmanipulation lief.
Auch der aktuelle Telekom-Boss Hannes Ametsreiter soll befragt werden. Der Schaden für das Unternehmen beläuft sich auf 18 Mio. Euro: 9 Mio. an Boni, die nach der Aktienkursmanipulation ausgeschüttet wurden sowie 9 Mio. für Hochegger-Honorare ohne erkennbare Gegenleistung.
Aber der Staatsanwalt will sich auch Polit-Prominenz vorknöpfen:
Gorbach als Beschuldigter, Schüssel als Zeuge
Ex-BZÖ-Vizekanzler Hubert Gorbach
musste bereits als Beschuldigter (siehe rechts) beim Staatsanwalt wegen mutmaßlicher Schwarzgeldzahlungen aussagen. Eine weitere Einvernahme ist geplant.
Besonders brisant: Die Staatsanwaltschaft will auch Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel als Zeugen laden. Immerhin lautet der Vorwurf ja, Gorbach habe als Vizekanzler die Universaldienstverordnung zugunsten der Telekom verändert. Schüssel soll über seine Wahrnehmung aussagen.
Ex-VP-Innenminister Ernst Strasser muss ebenso wie Lobbyist Mensdorff-Pouilly aussagen. Auch hier besteht der Verdacht von Zahlungen ohne Leistung.
Die Liste der Zeugen und Beschuldigten werde „in den kommenden Wochen noch stark ausgeweitet werden“, sagt ein Justiz-Insider.
Es wird auch einen parlamentarischen U-Ausschuss geben. Als erster VP-Politiker hat ihn gestern Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner befürwortet: Man müsse die Justiz ermitteln lassen, aber der Ausschuss werde „sicher kommen“.
Das Treffen mit dem Telekom-Lobbyisten:
Hochegger: „Ich bin nicht auf der Flucht“
Der Standard wusste es ganz genau: „Telekom-Lobbyist Hochegger hält sich in Brasilien auf!“ Seither verbreitet sich in Wien das Gerücht: Ex-Grasser-Spezi Peter Hochegger (62) ist vor der Justiz-Verfolgung nach Brasilien geflüchtet.
Am Dienstag die Überraschung: Hochegger lädt die Bild-Journalistin Dora Varro zum Treffen. Nicht in Brasilien – sondern mitten in Wien.
Hochegger spaziert durch die City – trifft sich mit der Journalistin im belebten Café Sacher auf der Kärntner Straße. Der derzeit prominenteste Österreicher erscheint braun gebrannt. Er trägt eine Sonnenbrille, Jeans, weißes Hemd, dunkelblaues Sakko. Hochegger wirkt entspannt, trinkt nur Mineralwasser.
Es ist sein erster Auftritt seit dem Bekanntwerden der Affäre. Erstmals spricht er über seinen Fall – wenn auch nicht offiziell. Ein ÖSTERREICH-Fotograf macht die Beweisfotos: Hochegger in Wien!
Drei Wochen auf Familien-Urlaub in Brasilien
Seit Samstag ist Hochegger wieder zurück in Österreich. „Ich war nur auf Urlaub in Brasilien, wie ich das seit Jahren mache. Ich bin nicht auf der Flucht.“ Drei Wochen verbrachte er mit seiner Tochter Saskia (23) in seiner privaten Urlaubsvilla in Brasilien. Die Justiz sei über seinen Aufenthalt vor der Abreise informiert gewesen – inklusive des Rückreisedatums. Von Flucht keine Spur.
Hochegger liest absichtlich keine Zeitungen mehr, verfolgt seinen Fall bewusst nicht in den Medien. Trotzdem weiß er alles.
In den nächsten Tagen trifft er den Staatsanwalt
Schon in den nächsten Tagen wird er bei der Staatsanwaltschaft zur Telekom-Affäre aussagen. Dort will er die Vorwürfe gegen ihn klären, endlich Licht in die Causa bringen. Und er wird den „Kronzeugen“ Gernot Schieszler ins Visier nehmen. Hochegger sagt: „Was Schieszler sagt, entspricht nicht der Wahrheit.“
Offiziell will Hochegger vor seiner Einvernahme durch die Justiz nichts zur Causa sagen. Er will vorerst in den Medien nicht „auspacken“, zuerst bei der Justiz alles aufklären. Erst danach will er sprechen – und die „Wahrheit“ erzählen …
Lesen Sie auf Seite 2: An wen die Telekom wieviel zahlte:
An wen die Telekom wieviel zahlte:
Die Telekom-Affäre betrifft gleich mehrere Ex-Spitzenpolitiker. Für alle gilt die Unschuldsvermutung.
264.000 € an Gorbach-Sekretärin
Laut dem Kronzeugen Gernot Schieszler wurden 264.000 Euro für eine Sekretärin von Ex-BZÖ-Vizekanzler Hubert Gorbach gezahlt – als Gegenleistung.
600.000 Euro an BZÖ
Angeblich seien via Agenturen auch 600.000 Euro an das BZÖ geflossen.
Neun Millionen an Hochegger
Neun nicht erklärbare Millionen seien an Peter Hocheggers Agentur Valora geflossen.
Geld an Meischi-Agentur
Von der Hochegger-Agentur seien wiederum „hohe Geldflüsse“ an die Agentur von Walter Meischberger (ZehnVierzig) gegangen. Hochegger ist bekanntlich eng mit Meischberger und Ex-Finanzminister Grasser gewesen.
Geld an Langthaler-Agentur
Auch die Ex-Grünen-Mandatarin Monika Langthaler bestätigt nun, dass ihre Filmhof Veranstaltungs- und BetriebsgmbH Geld via Hocheggers Valora erhalten habe. Die Telekom sei lange Sponsor ihrer Firma gewesen. Freilich ganz offiziell.
3,7 Millionen Euro an Mensdorff-Pouilly
Dass er 1,1 Millionen Euro von der Telekom erhalten habe, bestätigte Lobbyist Mensdorff-Pouilly
bereits. Er soll insgesamt sogar 3,7 Millionen Euro kassiert haben.
20.000 Euro an Molterer-Fußballklub
20.000 Euro überwies die Telekom auch dem Fußballverein von Ex-Vizekanzler Wilhelm Molterers Heimatort Sierning. Die Liste weiterer Zahlungen soll lang sein …
Hochegger kassierte auch von der ÖBB
Er ist der Lobbying-Kaiser Österreichs: Wo’s Geld zu verteilen gibt, zeigt Peter Hochegger auf. Einen skurrilen Fall enthüllte der grüne Abgeordnete Peter Pilz. Die ÖBB haben dem PR-Berater um 180.000 Euro den Markennamen „railjet“ abgekauft, der allerdings zuvor von der Bahn selbst entwickelt worden war.
Das ging so: Im Herbst 2004 moderierte eine Hochegger-Firma einen Workshop mit ÖBB-Mitarbeitern, bei dem u. a. ein Name für die neuen Hochgeschwindigkeitszüge gesucht wurde. Einem ÖBB-Mitarbeiter fiel „railjet“ ein. Wenige Tage später ließ sich Hochegger diese Marke sichern. Und verkaufte sie 2007 an die ÖBB. Pilz zitierte aus der ÖBB-Konzernrevision, die festgestellt hat, dass es für jene 180.000 Euro „keine wirtschaftliche Begründung“ gegeben habe.
Zuständig bei den ÖBB war Ex-Vorstand Stefan Wehinger. Pilz hat Anzeige gegen Wehinger wegen Untreue (es gilt die Unschuldsvermutung) eingebracht.
Von den ÖBB hat Hochegger insgesamt 6,2 Mio. Euro erhalten, bei der Telekom bekanntlich 25 Millionen, davon neun (laut Telekom-Revision) „ohne erkennbare Gegenleistung“. Hochegger kassierte beim Verkauf der Buwog-Wohnungen 1,9 Millionen, beim Flughafen Wien (ca. 1,2 Mio.), bei der Porr (200.000 Euro) sowie bei Telekom und Novomatic für einen geplanten Einstieg ins Online-Glücksspiel (600.000 Euro) und von den Ministern Grasser, Gorbach und Reichhold.