Zehntausende Österreicher machen mit, ohne es zu wissen. Die Pharmaindustrie zahlt den Ärzten dafür Honorare.
In Österreich nehmen zehntausende Patienten an medizinischen Studien teil, ohne davon zu wissen. Laut Antikorruptions-Experten bekommen Ärzte Geld von Pharmakonzernen, wenn sie Wirkungen und Nebenwirkungen von bereits zugelassenen Medikamenten dokumentieren. Das Gesundheitsministerium will nun eine Meldepflicht für solche Studien verordnen.
Bis zu 1.000 Euro pro Patient
Die Ärzte dokumentieren laut Ö1 auf
anonymisierten Fragenbogen, die sie von Pharmareferenten bekommen haben, wie
ein Medikament auf ihre Patienten gewirkt hat und ob es Nebenwirkungen gibt.
Dafür erhalten die Ärzte von der Pharmafirma pro Patient zwischen zehn Euro
und 1.000 Euro, sagt der Gesundheitsökonom Bernhard Rupp vom
Antikorruptionsverein "Transparency" bezugnehmend auf Zahlen aus
Deutschland. Der Patient wisse oft nichts davon.
Soll Arzt beeinflusst werden?
Bei neuen Medikamenten sind solche
Studien sinnvoll und zum Teil sogar vorgeschrieben. Aber bei längst
erprobten Wirkstoffen könnte es sich auch um "Marketingmaßnahmen" der
Pharmafirmen handeln, so Silvia Füßl aus dem Gesundheitsministerium. Demnach
könnten solche Studien auch dazu durchgeführt werden, um das
Verschreibeverhalten des Arztes zu beeinflussen.
355.000 Patienten in Deutschland
Wie viele Ärzte bei solchen
"nichtinterventionellen Studien" mitmachen, darüber gibt es für Österreich
keine Zahlen. In Deutschland wurden allein im zweiten Halbjahr 2005 118
Studien mit 57.000 beteiligten Ärzten - großteils Internisten - und 355.000
Patienten gemeldet.
Meldepflicht geplant
Wie in Deutschland soll auch in Österreich
eine Meldepflicht für solche Studien und für die beteiligten Ärzte
eingeführt werden. Das Gesundheitsministerium will die Verordnung in den
kommenden Monaten erlassen. Dass die betroffenen Patienten informiert
werden, ist aber nicht geplant. Dazu wäre laut Gesundheitsministerium eine
Gesetzesänderung nötig.