Brigitte Bierlein verstarb im Alter von 74 Jahren. Wer war die Frau, die die erste Bundeskanzlerin Österreichs war?
Die ehemalige Bundeskanzlerin und Präsidentin des Verfassungsgerichtshofs Brigitte Bierlein ist im Alter von 74 Jahren gestorben. Doch wer war die Frau, die erste und bisher einzige Bundeskanzlerin Österreichs war?
Bierlein gilt hierzulande als "Pionierin". Nicht nur war sie erste Regierungschefin, auch am Verfassungsgerichtshof war die Wienerin die erste Frau, die es ganz an die Spitze schaffte. Sie selbst attestierte sich dereinst einen "gewissen Ehrgeiz".
Bierlein war Tochter eines Beamten und einer Künstlerin und hatte damals selbst überlegt, sich an der Kunstakademie einzuschreiben. Auf Rat der Mutter entschied sie sich doch für das Recht, absolvierte in vier Jahren das Studium der Rechtswissenschaften, legte mit 26 die Richteramtsprüfung ab, wurde mit 28 zur Staatsanwältin ernannt und mit 41 Generalanwältin. 2003 wurde sie dann Vizepräsidentin am Verfassungsgerichtshof und im Januar 2018 übernahm sie die Leitung.
Kunstbegeistert und selbstbewusst
Die Liebe zur Kunst blieb ihr allerdings in ihrem Leben erhalten: Sie liebte das Theater und die Malerei, saß auch im Aufsichtsrat der Bundestheater-Holding und verknüpfte ihren Job und ihr Hobby, als sie im April 2019 zur Leiterin der Sonderkommission zur Klärung der Vorwürfe gegen die Ballettschule Wiener Staatsoper berufen wurde. Dort verantwortete sie auch den Bereich Recht beziehungsweise Opferschutz. Privat besuchte Bierlein gerne Vernissagen und Ausstellungen, wenn es die Zeit zuließ auch die Oper und das Theater.
Ich bin tief betroffen vom Tod von Brigitte Bierlein. Sie hat in vielen Funktionen der Republik treu gedient. Als Hüterin unserer Verfassung und auch als erste Bundeskanzlerin. (1/2) pic.twitter.com/C0qySlcnCO
— A. Van der Bellen (@vanderbellen) June 3, 2024
Schon in frühen Jahren hatte sie ein resolut-selbstbewusstes Auftreten und fiel mit ihren schnörkellos-geraden Ansagen bereits als Standesvertreterin auf. Angst vor Leitungsfunktionen hatte sie nicht, sie engagierte sich nach ihrem Wechsel von den Richtern zu den Staatsanwälten in der "Vereinigung Österreichischer Staatsanwälte" und wurde 2001 zur Präsidentin gewählt. Das Amt musste sie aufgeben, als sie an den Verfassungsgerichtshof wechselte.
Skandalfreie Regierungszeit
Politisch wurde die ehrgeizige Frau eher dem konservativen Sektor zugeordnet, war jedoch nie Parteimitglied. Als Bundeskanzlerin war sie von allen Parteien akzeptiert. Ein gutes halbes Jahr führte sie die Regierung, bestehend zu gleichen Teilen aus Männern und Frauen, skandalfrei.
Zeit für Familie blieb der Wienerin nicht. In Interviews sagte sie, dass sie es sich nicht vorstellen kann, Job und Kinder unter einen Hut zu bekommen. Ihr langjähriger Lebensgefährte, der Richter Ernest Maurer, verstarb 2021.