Trotz Verwässerung
Gesundheitsreform ist vorerst gescheitert
05.07.2008
Die parlamentarischen Verhandlungen sind am Sonntagabend endgültig ohne Ergebnis abgebrochen worden. Im Herbst gibt es einen neuen Anlauf.
Auch eine letzte Verhandlungsrunde am Sonntagabend im Parlament hat keine Einigung gebracht. Nach der Sommerpause will man mit den Verhandlungen neu beginnen.
Streit um Kontrollrechte der Holding
Grund für die Nichteinigung
waren die Kontrollrechte der geplanten Holding der
Sozialversicherungsträger. Teile der ÖVP beharrten darauf, die bundesweiten
Sozialversicherungsträger von den strengeren Kontrollmechanismen
auszunehmen. Die SPÖ lehnte das ab. Der Vorschlag der Sozialdemokraten, nur
Teile des Pakets zu beschließen, wurde wiederum von der ÖVP abgelehnt.
Keine Finanzspritze für die Kassen
Nach dem Scheitern wird
es auch vorerst keine Finanzspritze für die Krankenkassen in der Höhe von
450 Millionen Euro geben. Das bestätigte ÖVP-Verhandler Werner Amon nach dem
nicht einmal zweistündigen Gespräch zwischen den Vertretern der beiden
Koalitionsparteien im Parlament. Wie es nun mit den geplanten
Reformmaßnahmen weitergeht, ist unklar. Mehrere Verhandlungsteilnehmer
sprachen sich aber nach dem Gespräch für einen kompletten Neuanfang aus.
Oberhauser: ÖVP schuld
SPÖ-Verhandlungsführerin Sabine
Oberhauser bedauerte, dass die ÖVP darauf bestanden habe, für die
bundesweiten Versicherungsträger weniger strenge Kontrollmechanismen
einzuführen. "Wir hätten die Verhandlungen über die
Gesundheitsreform problemlos heute oder bereits vergangene Woche positiv
beenden können, wenn der ÖVP die Interessen der Patienten wirklich ein
Anliegen gewesen wäre", so Oberhauser.
Hundstorfer: "ÖGB entsetzt"
"Gerade weil der
ÖGB bei all seinen Bemühungen um eine Gesundheitsreform ausschließlich das
Wohl der PatientInnen in den Mittelpunkt stellt, ist er entsetzt, dass sich
die Regierungsparteien nicht auf die Reform einigen konnten", bedauert
ÖGB-Präsident Rudolf Hundstorfer Sonntagabend.
Interne Machtkämpfe
Es sei bedauerlich, dass wegen interner
Machtkämpfe und dem Verfolgen von Einzelinteressen die Fortführung und
Absicherung des Gesundheitssystems bedroht werde. Wenn nicht rasch etwas
geschehe, drohen in absehbarer Zeit Leistungseinschränkungen und neue
Selbstbehalte für die Patienten.
Ärzte-Streik und Großdemo
Die Ärzte streiken wie
angekündigt am Montag. Auch die Großdemonstration findet statt. Die
geplanten Ordinationsschließungen am Dienstag und Mittwoch haben die
Mediziner abgesagt, nachdem die Reform vorerst einmal auf Eis liegt.