Arbeitskampf eskaliert: Jetzt droht sogar Streik

Gewerkschaft fordert 4 Prozent mehr Lohn für alle

21.10.2019

Zwei wichtige Branchen verhandeln bereits. Sie fordern beide deutlich mehr als 4 %.

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Wien. Gewerkschaft und Wirtschaftsvertreter prallen gerade mit voller Wucht aufeinander. Der Kampf der Metaller mit ihren Arbeitgebern eskaliert. Im Mittelpunkt steht der Streit um die Erhöhung der Löhne. Sollte auch die mittlerweile fünfte Verhandlungsrunde kommenden Montag scheitern, wird es Betriebsversammlungen geben. Es ist die letzte Stufe vor einem Streik.

„Wir tragen den Arbeitskampf in die Betriebe“, sagte gestern Rainer Wimmer, Chef der PRO-GE-Gewerkschaft, „Warnstreiks sind nicht ausgeschlossen.“

Die Metaller fordern 4,5 Prozent mehr Lohn für 130.000 Beschäftigte. Mindestens sollen 100 Euro rausschauen. „Spürbar muss es sein“, sagt Barbara Teiber, Vorsitzende der Gewerkschaft der Privatangestellten (s. Interview). Das ist nicht alles. Auch eine sechste Urlaubswoche und eine Viertagewoche stehen in dem Wunschkatalog.

Vorbild. Die Metaller sind traditionell die ersten Verhandler, sie geben die Richtung für die anderen Branchen vor. Wenn sie ihre Forderungen annähernd durchbringen, stehen die Chancen gut, dass auch andere Branchen etwa 4 Prozent dazubekommen.

Arbeitgeber: »Wir verzeichnen Auftrags-Einbrüche«

Negativ. Die Gegenseite bleibt stur. „Sie sollen Realitäten erkennen“, sagt Christian Knill von der Wirtschaftskammer: „Alle wesentlichen Wirtschaftsdaten für die Industrie sind negativ, wir verzeichnen Auftragseinbrüche.“

+6,1 %. Ab heute zieht mit dem Handel die zweite gewichtige Branche in den Lohn-Kampf. Zahlenmäßig ist es die größte Gruppe: 413.000 Angestellte und 15.000 Lehrlinge fordern im Schnitt 4,4 Prozent mehr Lohn. Niedrige Einkommen sollen 6,1 Prozent erhalten, die hohen 2,1 Prozent.

Handelsverbandschef Rainer Will sieht dafür keine Chance: „Unser Konjunkturbarometer zeigt nach unten, auch die Kundenfrequenz geht zurück“ (Interview rechts).

Stabilität. Gewerkschaftsverhandler Martin Müllauer nennt steigende Mieten und Lebenserhaltungskosten als Grund für die Erhöhung. Und im Endeffekt käme es ja der Wirtschaft wieder zugute, „es würde den Konsum stärken und einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaftlichen Stabilität leisten“.

GPA-Chefin Barbara Teiber: »Dieses Angebot kann 
man nicht ernst nehmen«

ÖSTERREICH: Mehr als 4 % klingen gut, ist das aber wirklich realistisch, vor allem, da die Wirtschaftsprognosen eher düster aussehen?

Barbara Teiber: Wir verhandeln über das zurückliegende Jahr, und das war ein sehr gutes für die Betriebe, mit Rekordgewinnen und Rekordgewinnausschüttungen. Die Arbeitnehmer haben sich eine ordentliche Gehalts- und Lohnerhöhung verdient, die muss spürbar sein.

ÖSTERREICH: Sie verlangen mehr als das Doppelte des ­Inflations-Anstiegs  …

TEiber: Was die Arbeitgeber anbieten, ist nur die Inflation, das wäre eine Null-Gehaltssteigerung, das kann man nicht ernst nehmen.

ÖSTERREICH: Was bedeuten diese Abschlüsse für alle anderen Branchen?

TEiber: Der Metaller-KV ist ein Maßstab für die folgenden Kollektivvertragsverhandlungen, und wir werden in alle Kollektivvertragsverhandlungen durchaus selbstbewusst reingehen.

Handelsverband-Chef Rainer Will: »Onlinehandel zahlt kaum Mindestlöhne & Steuern«

ÖSTERREICH: Wirtschaftsforscher rechnen mit einem Abschwung, der Druck auf die Arbeitgeber steigt.

Rainer Will: Unser Konjunkturbarometer zeigt nach unten, auch die Kundenfrequenz geht zurück. Da kann sich der Handel als Rückgrat der österreichischen Volkswirtschaft keine Gehaltssprünge leisten. Noch dazu haben wir ein antiquiertes Gehaltsschema, bei dem samstags schon ab 13 Uhr Zuschläge anfallen, ganz anders als in der Gastro. Letztes Jahr wurden Zugeständnisse gemacht wie die 4-Tage-Woche, das wirkt auch in die Zukunft. Also klares „Nein“ zur Forderung von 4,4 % Gehaltsplus.

ÖSTERREICH: Also harte ­Verhandlungen?

will: Wir rechnen mit längeren Verhandlungen. Es gibt ja noch Faktoren wie den Onlinehandel außerhalb Österreichs, der muss kaum Mindestlöhne und Steuern zahlen und setzt den heimischen Handel stark unter Druck.

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