ÖSTERREICH-Interview
Graf Ali: "Bin kein Einstein der Korruption"
24.03.2012
Im U-Ausschuss schwieg er - mit ÖSTERREICH redete Jagd-Graf Ali Mensdorff.
Im ÖSTERREICH-Interview gibt der Lobbyist und Berater Alfons Mensdorff-Pouilly (59) bereitwillig Antwort auf alle Fragen zu den Themen Jagd-Einladungen, seine U-Haft und das Hauptthema, die Korruption.
ÖSTERREICH: Herr Mensdorff-Pouilly, Ihr Auftritt beim U-Ausschuss hat für viel Kritik gesorgt. Wie haben Sie selbst denn den U-Ausschuss erlebt?
ALFONS MENSDORFF-POUILLY: Wenn man mit einem reinen Gewissen dorthin geht, dann ist man relativ ruhig.
ÖSTERREICH: Warum haben Sie sich dann 43 Mal entschlagen. War das die richtige Strategie?
MENSDORFF-POUILLY: Von 150 Antworten sind 43 Entschlagungen ungefähr ein Drittel. Es gibt das Recht, dass die Aussage vor der Staatsanwaltschaft gilt. Warum sollte ich also alles vor dem U-Ausschuss nochmals erzählen? Damit ich einen Nuancenfehler mache und ich wegen falscher Zeugenaussage vor dem U-Ausschuss anzeigt werde? Da wäre ich ja deppert, wenn ich das mache, denn die Aussage vor dem Staatsanwalt war am 21. September 2011. Da kann man sich nicht jede Nuance und jedes Wort merken.
ÖSTERREICH: Die Schweigestrategie hat Sie für viele noch verdächtiger gemacht
MENSDORFF-POUILLY: Schauen Sie, wenn man ein armes Vieh schlachten will, findet man immer etwas. Aber die Entschlagung ist das Recht jedes Bürgers. Egal, ob das der Obdachlose ist oder der Bundespräsident.
ÖSTERREICH: Sehen Sie sich als armes Vieh, das geschlachtet werden soll?
MENSDORFF-POUILLY: Nein, überhaupt nicht. Auch dann nicht, wenn die Schlächter vis-à-vis sitzen. Ich sehe mich nicht als Tier, sondern höchstens als Subjekt.
ÖSTERREICH: Die Abgeordneten im U-Ausschuss sehen Sie als Schlächter?
MENSDORFF-POUILLY: Ich glaube, anfangs haben sie die Messer gewetzt. Aber dann haben sie gesehen, dass da nichts ist . . .
ÖSTERREICH: Nun wird schon seit sechs Jahren gegen Sie ermittelt. Sie saßen in Wien und in Großbritannien in U-Haft. Wie geht die Familie damit um?
MENSDORFF-POUILLY: Meine Frau ist das gewohnt. Früher wurde sie als Ministerin in der Luft zerrissen. Jetzt werde ich es. Wer wirklich darunter leidet, ist mein Sohn.
ÖSTERREICH: Wie leidet Ihr Sohn?
MENSDORFF-POUILLY: Als er noch zur Schule ging, war es schlimm. Oft sind Mitschüler zu ihm gekommen und haben zu ihm gesagt: "Dein Vater ist ein Verbrecher." Das ist nicht lustig, aber zum Glück hat er mein Naturell.
ÖSTERREICH: Sie saßen in Wien und England in U-Haft. Wo ist es schlimmer?
MENSDORFF-POUILLY: U-Haft ist überhaupt nicht lustig, wenn sich herausstellt, dass es keinen Grund gibt. Also, wenn ich es mir aussuchen könnte, würde ich lieber nach Österreich gehen! Als Ausländer in England - da hauen sich halt die Engländer auf ein Packel. Aber es war wurscht, denn es dauerte nur fünf Tage. Ich habe so viel Geld (430.000 Euro Entschädigung) dafür bekommen, ich würde wieder gehen. (Lacht.)
ÖSTERREICH: Peter Pilz wirft Ihnen vor, dass Sie als Berater weniger wissen als die Manager, die Sie beraten . . .
MENSDORFF-POUILLY: Das ist auch völlig richtig. Mein Job ist, dass ich meinen Kunden die richtigen Informationen organisiere und sie mit den richtigen Gesprächspartnern zusammenbringe. Ich kümmere mich nicht um technische Details. Aber wenn ein Manager zu mir gesagt hat: "Ich versuche seit zwei Monaten beim Herrn X oder Y einen Termin zu bekommen, aber es klappt nicht" - dann habe ich den Grund dafür herausgefunden.
ÖSTERREICH: Wie kommt man zu diesen Kontakten?
MENSDORFF-POUILLY: Indem man ein Netzwerk hat, das man sich über viele Jahre aufgebaut hat. Dafür braucht man keinen zu bestechen. Aber man versucht mir die Jagd als mein Netzwerk zu verpesten.
ÖSTERREICH: Sie geben zu, dass die Jagd gut fürs Netzwerken ist . . .
MENSDORFF-POUILLY: Für mich war es immer gut, durch die Jagden vor allem im Ausland habe ich viele Menschen kennengelernt. Ich nehme nicht an, dass man so viel Geld ausgibt, wenn es keinen Sinn hat. Darum lädt man auch Gäste zum Opernball oder zum Hahnenkammrennen ein.
ÖSTERREICH: Netzwerke werden also beim Jagen aufgebaut, aber keine Korruption . . MENSDORFF-POUILLY: Glauben Sie wirklich, dass, wenn man am Hochstand oder beim Essen zusammensitzt, wo noch 15 andere Personen mithören, der eine zu anderen sagt: "Du komm, wir machen jetzt eine krumme Sache "? Wenn man etwas Krummes machen will, dann geht man wahrscheinlich eher alleine am Donauufer spazieren und nicht auf eine Jagd.
ÖSTERREICH: Würden Sie in Ihrem Leben alles wieder so machen?
MENSDORFF-POUILLY: Eigentlich schon. Nur meiner Frau würde ich bei der Hochzeit sagen: "Tritt aus der Politik aus!"
ÖSTERREICH: Glauben Sie, dass Sie heute ruhiger leben würden?
MENSDORFF-POUILLY: Na sicher. Kein Hund hätte sich um mich geschissen. Aber bitte, das ist jetzt kein Vorwurf an meine Frau.
ÖSTERREICH: Verstehen Sie den Unmut der Österreicher, wenn Sie hören, dass man für Beratung ein Honorar von 1,1 Millionen Euro bekommt?
MENSDORFF-POUILLY: Selbstverständlich. Nur schreibt keiner, dass die Hälfte an Steuern weggeht. Dass ich meine Mitarbeiter und die Büros auch über die Jahre, die nicht so gut sind, davon zahle. Rechnen Sie sich aus, was da übrig bleibt. Sicher, ich hungere nicht . . .
ÖSTERREICH: Sie haben zwei Schlösser . . .
MENSDORFF-POUILLY: Wenn man es genau nimmt, habe ich nur ein Schloss, Luising ist ja kein Schloss im klassischen Sinn. Das dient aber nicht meinem Privatvergnügen, sondern es sind eigene Betriebe, die sich wirtschaftlich selbst erhalten müssen. Für mich privat habe ich jeweils nur ein Zimmer, der Rest der Häuser wird für Jagden und andere Veranstaltungen vermietet.
ÖSTERREICH: Wie viel Geld brauchen Sie im Monat? Vor sechs Monaten sagten Sie 10.000 Euro, vor Kurzem gaben Sie 3.000 Euro an.
MENSDORFF-POUILLY: Jetzt eher 3.000 Euro, weil ich einfach mehr spare. Durch die Krise sind die Zeiten nicht einfacher geworden.
ÖSTERREICH: Glauben Sie, dass Sie am Ende angeklagt werden?
MENSDORFF-POUILLY: Ich gehe nicht davon aus, weil ich noch immer daran glaube, dass Österreich ein Rechtsstaat ist. Man ermittelt jetzt sechs Jahre gegen mich, es gibt Kisten über Kisten mit Papier. Und was hat man bis jetzt gefunden? Nichts. Also, so gescheit bin ich auch nicht, dass ich das so gut hätte machen können. Ich bin kein Einstein der Korruption.