Der dritte Nationalratspräsident gibt an nichts vom "antifaschistischen Grundkonsens" zu halten.
Der Dritte Nationalratspräsident Martin Graf (F) hat in der aktuellen Ausgabe des Nachrichtenmagazins "profil" eine seiner umstrittenen Aussagen der vergangenen Woche wiederholt. Er "halte nichts vom sogenannten antifaschistischen Grundkonsens", erklärte Graf, der zuletzt wegen seiner Attacken auf den Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde, Ariel Muzicant, heftig kritisiert worden war.
Nicht an "antifaschistischen Grundkonsens" gebunden
In
Österreich sei der Begriff "überhaupt erst 1983 aufgetaucht"
und er sei "nicht identitätsstiftend", meinte der Präsident.
Bereits am Mittwoch vergangener Woche hatte Graf am Rande der
Nationalratssitzung gemeint, die FPÖ fühle sich nicht an den "antifaschistischen
Grundkonsens" gebunden: "Wir sehen das nicht so, dass der
antifaschistische Grundkonsens die Grundlage unserer Demokratie ist",
dies sei die Diktion der DDR gewesen. Der Grundkonsens sei der demokratische
Grundkonsens, damit gehe die Ablehnung aller totalitären Regimes einher -
auch des Nationalsozialismus, hatte Graf erklärt.
Bisher kein Treffen mit Muzicant
Wegen seiner Attacken auf
Muzicant - Graf hatte in einem Beitrag geschrieben, manche würden sich schon
fragen, ob Muzicant nicht als "Ziehvater
des antifaschistischen Linksterrorismus" bezeichnet werden sollte -
war in der vergangenen Woche eine Debatte über die (laut
Nationalrats-Geschäftsordnung derzeit nicht mögliche) Absetzung Grafs als
Dritter Präsident ausgebrochen. SPÖ und Grüne sprachen sich für eine
Änderung der Geschäftsordnung aus, um eine Abwahl zu ermöglichen, ÖVP, FPÖ
und BZÖ waren dagegen. Zuletzt hatte Graf den von ihm attackierten Muzicant
zu einem Gespräch eingeladen; dieser sagte zu, allerdings nur unter
bestimmten Voraussetzungen. So verlangte Muzicant etwa, Graf solle seine
Mitgliedschaft bei der vom Dokumentationsarchiv des österreichischen
Widerstandes als rechtsextrem eingestuften Burschenschaft Olympia beenden.
Emörung bei der SPÖ und den Grünen
Bei SPÖ und
Grünen hat Martin Graf mit seiner erneuten Erklärung, er halte nichts vom "sogenannten
antifaschistischen Grundkonsens", für Empörung gesorgt.
SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas sprach via Aussendung eine
Rücktrittsaufforderung aus: "Es ist genug, Herr Graf. Treten Sie
endlich zurück!" Wie auch Grünen-Chefin Eva Glawischnig forderte
sie die ÖVP auf, doch noch den Weg für eine Abwahl Grafs freizumachen.
"Ungeheuerlich"
Rudas bezeichnete die Wortmeldung Grafs
als "ungeheuerlich" und als ein klares Zeichen für dessen "Uneinsichtigkeit".
Sie forderte die ÖVP auf, "in dieser wichtigen Frage gemeinsam mit
der SPÖ an einem Strang zu ziehen". Zwar hätten
ÖVP-Spitzenpolitiker klare Worte der Distanzierung gefunden, den "nächsten
konsequenten Schritt" (die Schaffung einer Möglichkeit zur Abwahl eines
Nationalratspräsidenten) wolle die Volkspartei aber nicht mittragen.
Gleichzeitig warnte Rudas davor, die "hetzerischen Aussagen" der
FPÖ zu überhören.
Glawischnig fragte sich, wieviele "zweifelhafte Wortspenden und Ausritte von FPÖ-Mann Martin Graf" die ÖVP noch brauche, "um den Weg für eine Abwahl des Dritten Nationalratspräsidenten endlich freizumachen". Sie verwies darauf, dass es Ende Juni im Verfassungsausschuss die Gelegenheit gebe, den Weg zur Abwahl Grafs freizumachen.
FPÖ reagiert gelassen
FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky
plädierte in einer Aussendung für "Gelassenheit". Denn
der Begriff "antifaschistischer Grundkonsens" sei nichts anderes
als ein "ideologischer Kampfbegriff der DDR gegen die BRD"
gewesen, so Vilimsky. Er gehe davon aus, "dass es keine im Parlament
vertretene Partei und auch keinen Mandatar gibt, dem man die Nähe zu
Extremismus oder Totalitarismus nachsagen könne".