Grasser-Ausraster vor Gericht: "Rechtswidriges Verhalten"
12.09.2019
Hauptangeklagter wirft Belastungszeugen 'Persönlichkeitsstörung' und Rachegelüste vor - Ex-RLB-Vorstand Starzer: Grasser-Äußerungen zu Haider-Scharinger 'kompletter Schwachsinn'.
Wien. Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser hat heute im Wiener Straflandesgericht eine massive Breitseite gegen den Belastungszeugen Michael Ramprecht abgefeuert. Sein ehemaliger enger Mitarbeiter im Ministerkabinett habe ihm aufgrund der "Falschaussagen" und der "notorischen Aussagenunehrlichkeit" ein jahrelanges "Martyrium" bereitet, so ein emotionaler Grasser zu Richterin Marion Hohenecker.
Die Nichtverlängerung seines Vertrags als Geschäftsführer der Bundesbeschaffungsagentur durch ihn, Grasser, habe bei Ramprecht eine "Hasssucht" ausgelöst. Das Motiv für Ramprechts "Falschaussagen" gegen ihn sei Rache, betonte der Hauptangeklagte. Der Zeuge sei oft "nicht stabil" gewesen, massive Drohungen anderen gegenüber hätten bei Ramprecht "anscheinend System". Das Verhalten des Zeugen offenbare eine "massive Persönlichkeitsstörung". Dessen Aussagen haben zu einer "Zerstörung meiner Reputation" und einem "großen finanziellen Schaden" für ihn geführt, so der Ex-Minister.
Ramprecht habe, wie auf Tonbandmitschnitten ersichtlich sei, am Telefon von Gewalt durch ihn selbst berichtet, entrüstete sich Grasser und zitierte vor dem Richtersenat auszugsweise Passagen aus Telefonaten von Ramprecht. Grasser regte eine psychologische Untersuchung von Ramprecht an.
Umfangreiche Stellungnahme
Ein weiterer Belastungszeuge, Willibald Berner, sei Ramprecht aus Freundschaft und aufgrund seiner Nähe zur SPÖ zur Seite gesprungen, so der Minister heute in seiner äußerst umfangreichen Stellungnahme am 106. Verhandlungstag im Strafprozess rund um den Verkauf der Bundeswohnungen (u. a. Buwog) und die Einmietung der Finanzbehörden in den Linzer Terminal Tower. Berner, der seinerzeit im Verkehrsministerium beschäftigt war, habe im Gericht Vorwürfe erfunden und ihn, Grasser, "vorsätzlich falsch belastet".
Nach gut drei Stunden war Grasser mit seinen Ausführungen zu den Zeugenaussagen fertig, alleine eine Stunde davon nahmen die massiven Vorwürfe gegen den Belastungszeugen Ramprecht ein.
Gasser wirft Staatsanwaltschaft rechtswidriges Verhalten vor
Abschließend schoss sich Grasser noch auf die Staatsanwaltschaft ein. Diese sei ihrer Verpflichtung, das Verfahren "fair und gerecht" zu führen, nicht nachgekommen, attackierte er die beiden Oberstaatsanwälte Gerald Denk und Alexander Marchart. Mit den Worten, "Warum haben Sie sich nicht an die Strafprozessordnung gehalten?" warf er ihnen rechtswidriges Verhalten vor.
Richterin Hohenecker befragte anschließend kurz die beiden Angeklagten Ex-Immofinanzchef Karl Petrikovics und Ex-RLB-OÖ-Vorstand Georg Starzer zu Grassers Äußerungen einer Achse zwischen dem damaligen Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider und dem damaligen RLB-OÖ-Chef Ludwig Scharinger. Beide sind mittlerweile verstorben. Petrikovics sagte, was Grasser gesagt hätte stimme nicht. Starzer wurde noch direkter: Grassers Behauptungen seien "kompletter Schwachsinn". Dass es im Vergabeverfahren einen Kontakt zwischen Scharinger und Haider gegeben habe, könne er ausschließen, denn er sei 30 Jahre lang mit Scharinger im Vorstand gesessen, bei politischen Gesprächen hätte Scharinger anders agiert. Was Grasser da behaupte, sei "reine Spekulation" und "völlig an den Haaren herbeigezogen". Es habe nur jenen Kontakt zwischen Haider und Scharinger gegeben, der dem Gericht schon bekannt sei und der auch im Akt sei.
Richterin Hohenecker kündigte weitere Zeugen an.