Experte Fiedler fordert U-Ausschuss.
Nationalratspräsidentin Barbara Prammer dachte als Erste laut darüber nach. Donnerstag sagte sie im ORF, dass ein Untersuchungsausschuss des Parlaments in der heiklen Causa Buwog-Privatisierung „eigentlich sinnvoll“ wäre – jetzt brechen alle Dämme: „Da ist immerhin einer der hochrangigsten Ex-Politiker verwickelt“, sagt Franz Fiedler, ehemaliger Präsident des Rechnungshofes in Anspielung auf Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser.
Seit dessen Telefonate mit seinem Trauzeugen, dem Ex-FP-Nationalrat Walter Meischberger publik wurden, weiß ganz Österreich: Hier muss sowohl die Justiz als auch das Parlament genau prüfen.
„Natürlich wäre es legitim, in einem parlamentarischen U-Ausschuss die Privatisierung der Buwog und zweier anderer Wohnbaugenossenschaften zu prüfen“, so Fiedler, der freilich auch daran denkt, Provisionszahlungen rund um die Übersiedlung des Finanzamts Riemergasse in den neuen Wiener Justiz-Tower prüfen zu lassen – genauso wie die Vorgänge um Aufträge der öffentlichen Hand an die Baufirma Porr, wo sich Meischberger nicht mehr erinnern kann, für welche Leistung er dort mehrere 100.000 Euro Provision erhalten hatte.
Koalitionsparteien und FP sind gegen U-Ausschuss
Die Provisionszahlungen aus öffentlichen Geschäften unter anderem an Firmen im Umfeld des Grasser-Vertrauten Ernst Karl Plech sind Gegenstand von strafrechtlichen Untersuchungen. Und das soll nun als Argument herhalten, um eine parlamentarische Untersuchung zu verhindern. SP-Klubchef Josef Cap etwa meint: „Ein U-Ausschuss parallel zu den Ermittlungen der Justiz hat doch keinen Sinn. Da können sich die Zeugen der Aussage entschlagen, die Justiz übermittelt die Akten nicht und so weiter.“
Nach Ende des Verfahrens wären Cap und sein VP-Pendant Karlheinz Kopf frühestens gesprächsbereit: „Sollte die Justiz da etwas herausfinden, sind wir für alle Untersuchungen offen“, sagt etwa Kopf.
Überraschend stellte sich auch FP-General Harald Vilimsky hinter diese Linie – was vor allem bei den Grünen und dem BZÖ ziemlich erstaunte Reaktionen auslöste. Gabriele Moser von den Grünen jedenfalls will sofort einen U-Ausschuss planen, das BZÖ diesen schon im Jänner beantragen. Und Experte Fiedler meint: „Das kann man leicht so gestalten, dass ein U-Ausschuss parallel zur Justiz arbeitet.“ Im Fall AKH habe das blendend funktioniert. Zu blendend?
Fiedler: „Wozu schützt die VP Grasser?“
ÖSTERREICH: Wie beurteilen Sie als Parlamentsexperte und Ex-Rechnungshof-Chef einen U-Ausschuss in der Causa Grasser?
Franz Fiedler: Zumindest ein höchstrangiger Ex-Politiker ist in die gesamte Untersuchung involviert. Ein U-Ausschuss wäre also völlig legitim, weil er über das Strafrecht hinaus auch politische Verantwortungen klären könnte.
ÖSTERREICH: Viele sind gegen einen Ausschuss parallel zum Strafverfahren. Sie auch?
Fiedler: Das Parlament kann sehr wohl parallel zur Justiz ermitteln. Schon beim AKH-Skandal zeigte sich, dass man das leicht so gestalten kann, dass sich die Verfahren nicht gegenseitig behindern. Konsequenzen für beteiligte Politiker sind aber ein Jahr nach deren Ausscheiden nur mehr strafrechtlich möglich.
ÖSTERREICH: Was kann dann ein U-Ausschuss bewirken?
Fiedler: Er kann andere Sachverhalte untersuchen als die Justiz, die ja nur strafrechtlich und nicht politisch relevante Fragen klären kann. Dazu hatte etwa der Schlussbericht zum AKH-Ausschuss die Folge, dass in allen Ministerien eine interne Revision eingeführt worden ist. Das hätte die Staatsanwaltschaft so nie erreichen können.
ÖSTERREICH: Ist die ÖVP gut beraten, einen U-Ausschuss gegen Grasser zu blockieren?
Fiedler: Der Zug ist abgefahren. Das geht nicht mehr, ohne dass der Verdacht entstünde, dass man etwas zu verbergen hätte. Man wird sich dem öffentlichen Druck nicht entziehen können. Außerdem frage ich mich: Auf was hinauf soll die ÖVP sich für Grasser als Schutzschirm gebärden?