Am 4. Dezember jährt sich das erstinstanzliche Urteil im Grasser-Prozess zum 4. Mal, einen Termin für das Berufungsverfahren beim Obersten Gerichtshof (OGH) gibt es noch immer nicht.
Auf APA-Anfrage hieß es beim OGH, heuer werde es keine Verhandlung mehr geben. Seinerzeit wurde der ehemalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ/ÖVP) nicht rechtskräftig zu acht Jahren Haft verurteilt. Er soll unter anderem das Verbrechen der Untreue begangen haben, was Grasser bestreitet.
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Grasser, einst Politstar unter der ÖVP-FPÖ-Regierung von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, meinte im Dezember 2020 nach dem Urteil im Wiener Straflandesgericht: "Sie sehen mich traurig und schockiert. Dieses Urteil sprengt alles, was ich mir vorstellen konnte." Richterin Marion Hohenecker hingegen hielt bei der Urteilsverkündung fest: "Wer redlich wirtschaftet, benötigt keine Konten in Liechtenstein."
Mehrere nicht rechtskräftige Haftstrafen
Auch zahlreiche Mitangeklagte fassten - nicht rechtskräftig - mehrjährige Haftstrafen aus. So wurde der Zweitangeklagte, der ehemalige FPÖ-Manager Walter Meischberger, zu sieben Jahren nicht rechtskräftig verurteilt. Er sagte kürzlich zur "Presse": "Ein Viertel meiner Lebenszeit oder ein Drittel der Schaffenszeit meines Lebens musste ich für dieses Verfahren aufwenden. Alles, was ich mir vorher geschaffen hatte, wurde mir genommen." Der Trauzeuge von Grasser musste Privatkonkurs anmelden.
Insgesamt sprach das Geschworenengericht in erster Instanz acht Schuldsprüche und sechs Freisprüche aus. Der Ex-Lobbyist Peter Hochegger erhielt sechs Jahre Haft. Ex-Immofinanz-Chef Karl Petrikovics bekam zwei Jahre, nicht rechtskräftig. Vollinhaltlich freigesprochen wurde der frühere Immofinanz-Vorstand Christian Thornton.
In dem Prozess ging es um Provisionen von 9,6 Mio. Euro beim Verkauf der Bundeswohnbaugesellschaften (Buwog und andere) sowie von 200.000 Euro bei der Einmietung der Linzer Finanzdienststellen in den Terminal Tower in Linz. Diese Gelder sollen unter anderem bei Grasser gelandet sein, was dieser vehement bestreitet. Der Schöffensenat sah dies anders. Grasser habe seine politische Funktion missbraucht, gegen Vermögensinteressen verstoßen und seine aufertragenen Verpflichtungen nicht erfüllt.
Geduld bei Wirtschaftsprozessen gefragt
Dass bei Wirtschaftsprozessen manchmal Geduld gefragt ist, zeigt ein Prozess um Schwarzgeld-Kassen bei der teilstaatlichen Telekom Austria, der Anfang Oktober des heurigen Jahres anlief. Bei der Verhandlung handelt es sich um "Nachwehen" zu Vorgängen, die 15 bis 20 Jahre zurückliegen und in deren Mittelpunkt ebenfalls der Lobbyist Hochegger steht. Er erhielt laut eigener Aussage Millionenbeträge von der Telekom, um damit eine illegale Parteienfinanzierung zu betreiben.
Bei Grasser tauchten die ersten Berichte über eigenartige Geldflüsse rund um die Privatisierung der Buwog im September 2009 auf. Meischberger und Hochegger erstatteten daraufhin Selbstanzeige, weil sie das Geld nicht versteuert hatten. Die mittlerweile verstorbene Grünen-Abgeordnete Gabriela Moser zeigte Hochegger, Meischberger und Grasser bei der Staatsanwaltschaft wegen Korruptionsverdachts an, im September 2010 fanden dann die ersten Einvernahmen statt.
Dämpfer für Grasser durch Generalprokuratur
Im Juli 2016 hat dann die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, nach langwierigen Rechtshilfeansuchen im Ausland wegen der globalen Geldverschiebungen, Anklage gegen Grasser und Co erhoben, im April 2017 wurde diese dann rechtskräftig. Am 12. Dezember 2017 stand Grasser zum ersten Mal vor Richterin Hohenecker. Platz auf der Anklagebank nahm er erst immer dann, wenn die Kameras der zahlreichen Medien ausgeschaltet werden mussten.
Dann wurde es ruhig um das Verfahren, bis zum Mai 2024. Die Generalprokuratur, die höchste Staatsanwaltschaft der Republik, die als Rechtswahrerin auftritt, empfahl dem Obersten Gerichtshof, die erstinstanzlichen Schuldsprüche im Kern zu bestätigen. "Nach Ansicht der Generalprokuratur wäre das Urteil sozusagen im Kern wegen ergangener Untreue-Schuldsprüche im Wesentlichen zu bestätigen", sagte damals ein Sprecher der Generalprokuratur. Grassers Anwalt Manfred Ainedter betonte danach, es handle sich "um eine unverbindliche Rechtsmeinung" der Generalprokuratur, an die der Oberste Gerichtshof in keiner Weise gebunden sei.