Keine Freunde mehr?

Grasser soll vor U-Ausschuss

06.02.2011

Die SPÖ setzt Ultimatum bis zum Sommer. Die Rolle der Justiz ist unter Beschuss.

Zur Vollversion des Artikels
 
Zur Vollversion des Artikels

Riesen-Echo auf das Interview von Karl Heinz Grasser im Sonntags-ÖSTERREICH . Der Ex-Finanzminister ging in die Offensive und kündigte eine Klage beim „Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte“ an, wenn sein Verfahren nicht fair geführt werde. Grasser sagte in ÖSTERREICH wörtlich: „Ich werde in den nächsten Wochen zwei Beschwerden an die Oberstaatsanwaltschaft und an das Justizministerium richten. Eine wegen zu langer Verfahrensdauer, eine wegen Amtsmissbrauch. Und ich werde mich mit einer Beschwerde an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wenden, weil ich der definitiven Meinung bin, dass ich hier kein faires Verfahren habe.“

Interne Kritik an Bandions Konter gegen Grasser
Schon kurz nach Erscheinen von ÖSTERREICH verlor Justizministerin Bandion-Ortner angesichts der Grasser-Attacke die Nerven. In einer Stellungnahme gegenüber der APA erklärte sie über ihren Pressesprecher: „Grasser kann selbst mit einer Offenlegung von Unterlagen die Verfahren beschleunigen. Er hat es also selbst in der Hand.“ Und dann weinerlich: „Grassers Angriffe sind unsachlich und werden die Arbeit der unabhängigen Justiz nicht beeinflussen. Die Staatsanwaltschaft arbeitet auf Hochtouren.“

Schon wenig später gab es regierungsintern heftige Kritik an Bandions Konter gegen Grasser: „Eine Justizministerin darf solche Aussagen nicht tätigen. Sie darf nicht öffentlich mit einem Beschuldigten zu streiten beginnen – das stärkt nur Grassers Position vor den EU-Gerichten.“

BZÖ & Grüne mit neuen Anträgen auf U-Ausschuss
Tatsächlich kommt nach Grassers „Hilferuf“ Tempo in seine Causa. Die Staatsanwaltschaft will ihn bereits diese Woche ein weiteres Mal einvernehmen (was freilich nicht möglich ist, da Grassers Anwalt in der Karibik urlaubt). „Bis Mai“, so ein Justiz-Insider, soll „spätestens“ die Entscheidung fallen, ob Grasser angeklagt oder das Verfahren gegen ihn mangels Beweisen eingestellt wird.

Gleich drei Parteien haben gestern gegenüber ÖSTERREICH einen Antrag auf Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungs-Ausschusses angekündigt. Das BZÖ wird im März einen neuerlichen Antrag stellen. Auch die Grünen bereiten einen fundierten Antrag auf einen Grasser-U-Ausschuss im März vor, wie Abgeordnete Gabriela Moser sagt.

Vor Sommerpause dürfte ein U-Ausschuss fix sein
Die SPÖ will zunächst abwarten, ob die Justiz die Grasser-Ermittlungen bis Sommer zu einem Abschluss bringt. „Das ist dann aber die letzte Frist“, sagt Justizsprecher Jarolim. Dann, also noch vor der Sommerpause, will die SPÖ im Parlament den U-Ausschuss beantragen. Da BZÖ und Grüne – vermutlich auch die FPÖ – mitstimmen werden, scheint damit ein Grasser-U-Ausschuss noch vor dem Sommer fix.

Ziemlich sicher dürfte Claudia Bandion-Ortner diesen U-Ausschuss nicht mehr als Justizministerin miterleben. Ein hochrangiger ÖVP-Insider bestätigte gestern gegenüber ÖSTERREICH: „Bandion wird noch vor dem Sommer aus persönlichen Gründen aus der Regierung ausscheiden und als Gerichtspräsidentin nach Krems gehen. Die Würfel dafür sind gefallen, der Posten in Krems bereits frei.“

 Lesen Sie auf Seite 2: Das ÖSTERREICH-Interview mit Karl-Heinz Grasser:

 

Mein Leben ist zerstört"

ÖSTERREICH: Nach Ihrem Auftritt im ORF letzten Sonntag hagelt es Vorwürfe, Sie hätten hier eine Show abgezogen und würden die Medien gegen die Justiz mobilisieren …
Karl-Heinz Grasser: Das Gegenteil ist wahr. Die Justiz mobilisiert die Medien gegen mich. Jeder Verschlussakt zu meiner Causa, jeder Schritt der Justiz steht sofort in allen Medien. Dieses Verfahren gegen mich wird einfach nicht fair geführt. Ich wehre mich nur – aus Verzweiflung.

ÖSTERREICH: Sie glauben, der Rechtsstaat funktioniert in ­Ihrem Fall nicht?
Grasser: Das, was bei mir passiert, ist Burundi – und eines Rechtsstaates nicht würdig. Mir hat ein Anwalt aus den USA gesagt, dass dort mein Verfahren längst eingestellt wäre. Weil bei so massiver Vorverurteilung und Anhäufung von Amtsmissbrauch eine objektive Verhandlung unmöglich wäre.

ÖSTERREICH: Setzen Sie jetzt konkrete Schritte?
Grasser: Ich werde in den nächsten Wochen zwei Beschwerden an die Oberstaatsanwalt und das Justizministerium richten. Eine wegen zu langer Verfahrensdauer, eine wegen Amtsmissbrauch. Und ich werde mich mit einer Beschwerde an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wenden, weil ich der definitiven Meinung bin, dass ich hier kein faires Verfahren habe.

ÖSTERREICH: Die Justizministerin hat Ihnen vorgeworfen, Sie sitzen am hohen Ross und beschweren sich zu Unrecht.
Grasser: Mir vorzuwerfen, ich säße am hohen Ross, ist eine Gemeinheit. Mein Leben ist durch den Amtsmissbrauch der Justiz zerstört. Ich habe in Österreich keinen einzigen Auftrag mehr, kein Unternehmen will mit mir zusammenarbeiten, solange mein Fall von der Justiz nicht endlich abgeschlossen ist. Ich habe keinen Job mehr, kein Einkommen – ich sitze schon lange nicht mehr am hohen Ross, sondern bin verzweifelt, wie ich aus politischen Motiven zerstört werden soll.

Zur Vollversion des Artikels
Weitere Artikel