Ex-Finanzminister: "Mein gesamtes wirtschaftliches System ist zusammengebrochen."
Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ/ÖVP) ist sich bei der Privatisierung der Bundeswohnungen und beim Linzer Terminal Tower keiner Schuld bewusst und wehrt sich gegen die Anklage wegen Korruptionsverdachts. "Die Staatsanwaltschaft hat schlecht gearbeitet, denn es gibt in dieser Anklage bezeichnenderweise weder einen Zeugen noch einen Beweis", sagte Grasser zur "Kronen Zeitung" (Samstag).
Der Ex-Finanzminister (2000-2007) sieht sein späteres privatwirtschaftliches Berufsleben durch die siebenjährigen Ermittlungen stark beeinträchtigt: "Mein gesamtes wirtschaftliches System ist zusammengebrochen, ich bin ruiniert." Er habe "immer wieder versucht, irgendetwas aufzubauen und es ist ein kleines Pflänzchen gewachsen - und dann sind halt die nächsten Schlagzeilen gekommen und die nächsten Einvernahmen und Beschuldigungen, und das Pflänzchen war wieder weg". Von seinen Ersparnissen sei "ein bisschen noch übrig", aber dies hänge davon ab, wie das Steuerverfahren ausgehe.
"Negative Energie in Verfahren gesteckt"
"Da entsteht der Eindruck, dass sieben Jahre lang negative Energie in dieses Verfahren gesteckt wurde mit der Zielsetzung, mir etwas anzuhängen", so der ehemalige Finanzminister in seiner ersten öffentlichen Stellungnahme zur Anklage-Entscheidung vergangene Woche. Die Anklage sei bis zur Seite 390 von 825 Seiten "ein Kriminalroman", den Rest habe er noch nicht lesen können. "Alle strafrechtlichen Vorwürfe gegen mich sind falsch. Da wird etwas konstruiert, was mit viel Phantasie eine theoretische Möglichkeit ist, mit der Wahrheit aber nichts zu tun hat", kritisierte Grasser die Anklageschrift.
Unzufrieden zeigte sich der ehemalige Spitzenpolitiker mit der Prüfung der Anklage durch den Weisungsrates des Justizministeriums, der in besonders heiklen Causen aktiv wird. "Aber da wurde offenbar nichts hinterfragt, nicht einmal die wesentlichen Vorwürfe und Unwahrheiten in dieser Anklageschrift." Die Anklage sei "einfach durchgewinkt" worden. Der Vorsitzende dieses Weisungsrates sei "ein in der Wolle gefärbter Sozialdemokrat". "Ich kenne die Wahrheit. Ich weiß, dass ich unschuldig bin", betonte der Ex-Finanzminister gegenüber der Zeitung.
Tatplan vereinbart
Laut Anklage soll "bereits 2000 ein gemeinschaftlich gefasster Tatplan" von Grasser, Walter Meischberger, Peter Hochegger und Ernst Karl Plech gemeinsam vereinbart worden sein, sich während Grassers Amtszeit "für parteiliche Entscheidungen" des Ministers zu bereichern. Dies sei "erstens falsch und zweitens in einem so hohen Maße absurd, dass ich nur den Kopf schütteln kann", so Grasser gegenüber der "Kronen Zeitung". "Walter Meischberger und Peter Hochegger hatten einen Auftrag von der Immofinanz. Ich habe das nicht gewusst", relativierte der Ex-Finanzminister. Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung. Grasser will weder einen Fehler bei der Buwog-Privatisierung noch beim Linzer Terminal Tower gemacht, noch "Geld angenommen" haben. Plech treffe er "hin und wieder" und telefoniere mit ihm. Mit Hochegger und Maischberger habe er "keinen Kontakt".