NR-Sondersitzung
Kein U-Ausschuss zum "System Grasser"
15.10.2009
Die Koalitionsparteien haben den Grünen Antrag abgeschmettert. Die SPÖ kann sich aber zu einem späteren Zeitpunkt einen Ausschuss vorstellen.
Ein Antrag der Grünen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses rund um den ehemaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser ist am Donnerstag im Nationalrat abgelehnt worden. Während sich die Opposition dafür aussprach, die Vorkommnisse um den früheren Finanzminister parlamentarisch zu klären, stimmten die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP nicht zu. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter zeigte sich aber "überzeugt", dass es zu einem späteren Zeitpunkt einen U-Ausschuss geben werde.
Laut Umfrage wollen 60 Prozent der Österreicher eine parlamentarische Untersuchung.
Buwog, Homepage, Stiftung, ...
Der Antrag der Grünen sah nicht
nur die Aufklärung der Buwog-Affäre vor. Untersucht werden sollten unter
anderem auch die Verfahren zu Beurteilung von Grassers privater Homepage,
die Vorgänge rund um den "gescheiterten Versuch der Gründung der Karl Heinz
Grasser-Stiftung", eine "mögliche zweckwidrige" Überweisung von Geldern der
Industriellenvereinigung an den "Sozialfonds", die Vergabe von PR- und
Beratungsaufträgen an Firmen, "die in einem Nahe- oder
Gefälligkeitsverhältnis zu Mag. Karl-Heinz Grasser stehen", der versuchte
Verkauf der Voest-Anteile an Magna und die "Verhinderung einer rechtzeitigen
AUA-Privatisierung".
"System Grasser"
Die Grüne Abgeordnete Gabriela Moser
betonte, durch das "System Grasser" sei dem Staat eine Milliarde Euro
entgangen. Es handle sich um ein "Netzwerk, dessen Einzelknoten wir
parlamentarisch untersuchen müssen". Es gehe nicht nur um die Frage einer
"schiefen Optik", sondern um "politische Selbsthygiene". Ein U-Ausschuss sei
auch im Interesse der ÖVP, fügte der Grüne Vizechef Werner Kogler hinzu.
Staatsanwalt am Zug
Es sei "völlig außer Streit, dass hier
schwerwiegende strafrechtliche Vorwürfe im Raum stehen", sagte der
ÖVP-Abgeordnete Günter Stummvoll. Deshalb sei aber nun die
Staatsanwaltschaft am Zug. Die politische Verantwortung sei bereits geklärt,
sie liege beim Finanzministerium. Die Volkspartei sei zwar "für lückenlose
Aufklärung", aber gegen ein "Politspektakel", und nichts anderes sei ein
U-Ausschuss.
U-Ausschuss kommt später
Die SPÖ argumentierte ihr Verhalten
abermals mit den laufenden Justizverfahren. Ein U-Ausschuss habe keinen
Sinn, wenn sich Zeugen aufgrund der laufenden Verfahren der Aussage
verwehren könnten, so Kräuter. "Die Entscheidung wird im Frühjahr fallen.
Ich bin überzeugt, dass es einen Untersuchungsausschuss geben wird und geben
muss."
BZÖ-Generalsekretär Martin Strutz kritisierte, dass sich Kräuter Anfang Oktober noch für einen U-Ausschuss ausgesprochen hatte und fragte diesen, ob die ÖVP Druck auf ihn ausgeübt habe. Auch die FPÖ wolle "Licht ins Dunkel" bezüglich der Vorwürfe gegen Grasser bringen, erklärte der freiheitliche Abgeordnete Werner Königshofer die Zustimmung seiner Partei.