Bei einer Wahlbeteiligung von einem Drittel sind die Ergebnisse bindend.
Die Stadt Graz bereitet Bürgerbefragungen vor, die userfreundlich auch über Internet abgewickelt werden sollen. Am Mittwoch einigten sich ÖVP und SPÖ auf den Rahmen und das moderne Design künftiger Befragungen. Die Grünen, Koalitionspartner der ÖVP, waren bisher wegen datenschutzrechtlicher Bedenken dagegen und wollten an den Vorgaben des Volksrechtegesetzes festhalten.
Regelmäßige Befragungen
Mit dem Rahmenbeschluss, der morgen, Donnerstag, im Gemeinderat gefasst werden soll, ist der Weg frei für regelmäßige Befragungen, die Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) nach dem schlechten Grazer Resultat bei der Landtagswahl im Herbst angekündigt hatte. Offen bleibt vorerst freilich, welche Fragen den Bürgerinnen und Bürgern - mittels Retour-Stimmkarte mit Code oder via Internet - vorgelegt werden. Gegen ursprüngliche Pläne, ein generelles Bettelverbot abzufragen, hatte sich massiver Widerstand formiert, andere Materien wiederum fallen nicht in die Kompetenz der Stadt und dürften somit ebenfalls nicht infrage kommen.
Beteiligung von einem Drittel: Ergebnisse bindend
Geeinigt haben sich ÖVP und SPÖ darüber, dass - eine Beteiligung von einem Drittel der Wahlberechtigten vorausgesetzt - die Ergebnisse bindend für den Gemeinderat sind. "Angesichts einer offensichtlichen Vertrauens- und Beteiligungskrise der repräsentativen Demokratie müssen wir Wege zu einer neuen Kultur der Beteiligung beschreiten", argumentierte SPÖ-Klubchef Stadtrat Karl-Heinz Herper. Nagl meinte in einer Aussendung, er wolle die Menschen wieder mehr einbeziehen und "politisieren". Es gehe auch um die Schaffung von mehr Verantwortungsbewusstsein für gemeinsame Werte und Ziele.
Der Alleingang des Koalitionspartners und das großkoalitionäre Vorpreschen - analog der "Reformpartnerschaft" im Land - stellt die schwarz-grüne Rathaus-Koalition erneut auf die Probe. Vizebürgermeisterin Lisa Rücker, die Befragungen auf Basis des bestehenden oder novellierten Volksrechtegesetzes favorisiert und vor einem Abgehen aus datenschutzrechtlichen Gründen gewarnt hatte, wollte im Vorfeld aber keine Krise sehen - auch wenn es sich um ein "Demokratieleitprojekt" handle, bewege man sich hier im koalitionsfreien Raum.