Die SPÖ schart sich hinter Kanzler Gusenbauer und fordert ein Vorziehen der Steuerreform auf 2009. Die ÖVP bleibt bei ihrem unerbittlichen Nein.
Am Tag nach dem Vorstoß von Bundeskanzler Alfred Gusenbauer für eine Vorverlegung der Steuerreform um ein Jahr ist die große Koalition so sicher in das rote und das schwarze Lager zerspalten wie schon lange nicht. Die Pattstellung scheint unüberwindlich. Zahlreiche SPÖ-Granden stellen sich demonstrativ hinter ihren Parteichef und seine Linie - aus der ÖVP kommt dagegen die pure Ablehnung.
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Kdolsky kritisiert "Sprengmeister"
Für
ÖVP-Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky hat Gusenbauer mit seinem Vorstoß
den "gemeinsam vereinbarten Weg des Regierungsabkommens verlassen".
Diese "Flucht" sei nicht mit der ÖVP besprochen gewesen, so
Kdolsky am Montag. Gusenbauer sei der "Sprengmeister der Nation",
offenbar habe er seine Führungsfunktion "innerhalb seiner Truppe"
verloren.
Bartenstein ortet "Alleingang"
Genau wie Kdolsky
schließt auch ÖVP-Wirtschaftsminister Martin Bartenstein eine vorverlegte
Steuerreform aus. Der Fahrplan für die Reform sei gerade erst vereinbart
worden. Der gestrige Vorstoß Gusenbauers sei nichts als ein Alleingang.
Sausgruber sieht Koalitionsende
Vorarlbergs ÖVP-Landeshauptmann
Herbert Sausgruber hält ein vorzeitiges Ende der großen Koalition für
denkbar. "Wenn die SPÖ die Partnerschaft nicht aktiv mitträgt, dann
funktioniert das nicht. Selbstverständlich ist die Koalition in Gefahr",
so Sausgruber am Montag.
Buchinger gegen Neuwahlen
Für SPÖ-Sozialminister Erwin Buchinger
sind Neuwahlen kein Thema. "Wir können und wollen die Arbeit nicht
aufgeben", so Buchinger. Es gebe "genügend Projekte",
die es laut Regierungsprogramm umzusetzen gelte. Frauenministerin Doris
Bures appellierte an den Koalitionspartner, "aus dem Schmollwinkel
herauszukommen".
Faymann sucht guten Willen
Rückendeckung bekommt der Kanzler
auch von seinem Verkehrsminister Werner Faymann. Der rote
Regierungskoordinator hält die Vorverlegung der Reform für eine "Chance
für die Regierung". "Bei gutem Willen der ÖVP sind in der
Koalition sowohl die Steuerreform als auch die Reform des Gesundheitssystems
vorzeitig umsetzbar", glaubt Faymann.
Voves wieder an Bord
Für den steirischen Landeshauptmann Franz
Voves ist Gusenbauers Vorschlag sogar die "letzte Chance der
Bundesregierung, die Glaubwürdigkeit wieder zu erlangen". Der
Sozial-Hunderter sollte seiner Ansicht nach Teil der Steuerreform sein. Auch
Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller befürwortet eine frühere
Steuerreform. Genauso wie der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl,
der schon seit Monaten dafür eintritt.
Das Angebot von FPÖ und BZÖ, gemeinsam für eine frühere Steuerreform zu stimmen, werden die Roten aber nicht mittragen.
FPÖ gegen Neuwahl
FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl
verlangt unterdessen von SPÖ und ÖVP, ihren Auftrag zu erfüllen statt
kostspielige Neuwahlen anzudenken. Dafür empfahl er den Regierungsparteien
einen Generationenwechsel. Die "hoffnungslos verkrachten
Spitzenrepräsentanten" sollten sich zurückziehen. Bundeskanzler
Gusenbauer und Vizekanzler Wilhelm Molterer hätten das Recht auf eine
Wiederkandidatur systematisch verspielt, so Kickl.
Grüne beantragen Sondersitzung
Die Grünen haben den
angekündigten Antrag auf eine Sondersitzung des Nationalrats zum Thema "Politischer
Machtmissbrauch und Vertuschung im ÖVP-Innenministerium"
eingebracht. Sie findet nächsten Montag statt. In der Sondersitzung wollen
die Grünen einen Untersuchungsausschuss zur Innenministeriums-Affäre
beantragen.