Die Grünen müssen bei der Landtagswahl am 19. Jänner im Burgenland um den Wiedereinzug zittern.
Spitzenkandidatin Anja Haider-Wallner räumt im APA-Interview ein: "Die Umfragen sagen, dass es keine gmahde Wiesn ist." Sollten es die Grünen wieder ins Landesparlament schaffen, kann sie sich auch gut vorstellen, mit der SPÖ - wenn sie einen Partner braucht - eine Landesregierung zu bilden. Inhaltliche Bedingungen für die Regierungsbildung will sie vor der Wahl nicht nennen.
"Es geht um jede Stimme. Man muss auch die Folgen bewusst machen, was passiert, wenn es keine Grünen mehr im Landtag gibt. Dann gibt es keinen mehr, der für Naturschutz, Tierschutz, Bodenschutz die Stimme erhebt. Das sind nur wir." Sollten es die Grünen nicht in den Landtag schaffen und dieser sich nur noch aus den drei Parteien SPÖ, ÖVP und FPÖ zusammensetzen, dürfte es einen Landeshauptmann oder LH-Stellvertreter Norbert Hofer (FPÖ) geben, zeigte sich Haider-Wallner überzeugt: "Das heißt, alle die das nicht wollen, müssen Grün wählen."
Grüne Regierungsbeteiligung als Ziel
Sie selbst will gerne mitregieren: "Ich bin in die Politik gegangen, um Verantwortung zu übernehmen." Dass es nicht ganz einfach für einen so kleinen Juniorpartner werden würde, ist ihr bewusst: "Ich trage keine rosa-rote Brille und ich glaube, dass eine Koalition mit der SPÖ bei dem Stärkeverhältnis kein Zuckerschlecken ist. Aber wenn ich mich fürchten würde vor schwierigen Herausforderungen, dann wäre ich nicht da, wo ich jetzt bin."
Inhaltliche Stolpersteine für eine mögliche Zusammenarbeit definierte sie noch nicht: "So weit sind wir jetzt noch nicht. Jetzt muss der Wähler und die Wählerin entscheiden." Zwar gebe es natürlich das grüne Wahlprogramm, mit "roten Linien oder Koalitionsbedingungen" werde man sich aber erst in etwaigen Koalitionsgesprächen auseinandersetzen. Dies gelte auch für das von der SPÖ geplante und den Grünen heftig kritisierte Krankenhaus in Gols (Bezirk Neusiedl am See). Sie betonte aber: "Den Standort finden wir eigentlich indiskutabel." All jene, die es nicht sinnvoll finden, ein Krankenhaus in ein Naturschutzgebiet zu stellen, werden dies in die Wahlentscheidung einfließen lassen, zeigte sie sich überzeugt.
Was die Wirtschafts- und Finanzpolitik von Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) betrifft, drängt die grüne Landessprecherin auf Transparenz: "Ich habe mich durch viele Zahlen gekämpft, durch Rechnungshofberichte, Holding-Bilanzen, Konzern-Bilanzen, durch Rechnungsabschlüsse. Mir macht das großen Spaß, aber irgendwann steht man immer an." Viel Geld fließe in Förderungen von Gemeinden, Vereinen und Unternehmen: "Da gibt es ein Ungleichgewicht und da braucht es ganz klare, vergleichbare Rahmenbedingungen und Transparenz." Die Klimastrategie des Landes begrüßt Haider-Wallner, ihr fehlen darin aber konkrete Maßnahmen: "Ohne Planung und ohne Evaluierung wird das nicht funktionieren." Positiv wertet sie auch die Initiativen des Landes im öffentlichen Verkehr.
Ablehnung des roten Mindestlohns
Den von Doskozil eingeführten Mindestlohn für Landesbedienstete hingegen lehnt Haider-Wallner ab, wobei sie betont: "Ich bin dafür, dass alle Menschen so viel verdienen, dass sie davon gut leben können. Aber ich komme aus der Wirtschaft und habe jahrelang einen Gastronomiebetrieb geführt." Würde der Mindestlohn in der Gastro ausgerollt, müsste das Schnitzel 20 Euro kosten. Sie kritisierte, dass das Land, gestützt durch öffentliche Gelder, mit der Privatwirtschaft in Konkurrenz steht und Arbeitskräfte abzieht. Chefköche oder -köchinnen würden genauso viel verdienen wie eine Küchenhilfe: "Die empfinden das als unfair", gibt sie zu bedenken.
Rückenwind aus dem Bund gibt es für die Grünen derzeit nicht, im Gegenteil: "Das sieht man überall, dass Regierende abgestraft werden. Was ich nachvollziehen kann, ist, dass die Leute die Krisen der letzten Jahre einfach satt haben." Für viele sei das Leben nicht einfach und dann käme etwa die CO2-Bepreisung daher. Sie verwies jedoch auf die bereits spürbaren Auswirkungen des Klimawandels: "Das ist erst der Anfang, das wird noch schlimmer." Sie fürchtet, dass die Grünen als Überbringer der schlechten Nachrichten abgestraft würden. "Was uns gelingen muss, ist diese positive Erzählung", denn es "gibt ganz viel zu gewinnen." Sie werde oft gefragt, warum sie sich die Position "antut", nun wo die Grünen starken Gegenwind verspüren: "Gerade jetzt. Es ist nicht die Zeit zum Aufgeben, sondern zum Dranbleiben."
Sollten die Grünen am 19. Jänner die Vier-Prozent-Hürde nicht schaffen und aus dem Landtag fliegen, werde sie die Verantwortung übernehmen und die Mitgliederversammlung über ihren Verbleib an der Parteispitze entscheiden lassen: "Wenn es so wäre, würde ich meine Position zur Disposition stellen. Das gehört in der Politik dazu, dass man Verantwortung übernimmt."