Die meisten Arbeitslosen erhalten Bezüge unter der Armutsgrenze, die Summe wird nie inflationsangepasst. Die Grünen schreien Alarm.
Mehr Geld für Arbeitslose fordert der Sozialsprecher der Grünen, Karl Öllinger. In den vergangenen zehn Jahren habe es in Österreich fast nur erhebliche Verschärfungen des Arbeitslosenversicherungsrechts gegeben. Österreichische Arbeitslose stehen dem EU-weit rigidesten Arbeitsmarktregime gegenüber und erhalten die in Relation zur Kaufkraft zweitniedrigsten Leistungen der EU, so Öllinger.
Keine Hilfe gegen Inflation
Österreichs Arbeitslose hätten -
anders als Pensionisten oder Menschen mit niedrigem Erwerbseinkommen bis
1.350 Euro, keine Unterstützung zur Bewältigung der hohen Inflation oder der
Energiekosten des Vorjahrs erhalten, kritisiert der Grüne. Von
Bankenrettungspaketen oder Steuerreduktion hätten die Betroffenen nichts.
Die Arbeitslosen seien die größte Gruppe, die bis jetzt keine Hilfe bei den
steigenden Heizkosten- und Lebensmittelpreisen erhalten hätten.
EU-weit zweitniedrigstes AMS-Geld
Österreich habe mit 55 Prozent
in der Arbeitslosenversicherung eine der niedrigsten Nettoersatzraten
Europas. Das bedeute, dass arbeitslose Menschen in Österreich bei
Arbeitslosigkeit nur 55 Prozent dessen erhalten, was sie während ihrer
Erwerbstätigkeit verdient haben, so Öllinger. Im EU-Raum gebe es nur in
Irland eine niedrigere Ersatzrate. In Deutschland betrage die
Nettoersatzrate 60 Prozent, im EU-Durchschnitt knapp 70 Prozent, in Spanien
75 Prozent. Dänemark, das Land mit der niedrigsten Arbeitslosigkeit der EU,
hat eine Nettoersatzrate von 85 Prozent.
Fast alle unter Armutsgrenze
Die Konsequenz des niedrigen
Arbeitslosenbezugs in Österreich sei eine sehr hohe Armutsgefährdung
arbeitsloser Menschen. Über 83 Prozent aller Arbeitslosen erhalten Bezüge,
die unter der Armutsgefährdungsschwelle liegen.
Die niedrige Ersatzrate in der Arbeitslosenversicherung bekomme in der aktuellen Wirtschaftskrise noch eine zusätzliche Dimension: Das Arbeitslosengeld gelte auch als Bezugsgröße für die Kurzarbeitsentschädigung. Das niedrige Arbeitslosengeld werde somit auch für Menschen mit Job ein Problem.
Immer mehr Menschen arbeitslos
Angesichts stark steigender
Arbeitslosenzahlen werden in den nächsten Monaten immer mehr Menschen von
diesem Problem betroffen sein. Die Nettoersatzrate in der
Arbeitslosenversicherung müsse daher schnellstens und deutlich angehoben
werden. Anzustreben sei der EU-Durchschnitt von 70 Prozent.
Berechnung trügerisch
Bezüge werden aus Einkommen errechnet,
die bei der Antragstellung zumindest 18 Monate zurückliegen, erläutert
Öllinger. Wer zwischen Jänner und Juli arbeitslos wird, erhält seinen
ALG-Bezug sogar auf Basis von Daten, die bis zu 30 Monate alt sind und daher
nicht dem Einkommen vor Eintritt in die Arbeitslosigkeit entsprechen. Allein
aus dieser Berechnungsweise entstehen Verluste zwischen 2,5 und 4 Prozent,
weil Lohnerhöhungen nicht berücksichtigt werden.
Bezüge nicht angepasst
Dazu komme, dass einmal zuerkannte
Leistungshöhen in der Arbeitslosenversicherung nicht mehr erhöht werden. Wer
also arbeitslos wird und nach spätestens 30 Wochen auf Notstandshilfe
angewiesen ist, erhält in Zukunft immer den selben Betrag, selbst wenn er
über Jahre hinweg darauf angewiesen ist. Eine Anpassung von Bezügen aus der
Arbeitslosenversicherung zumindest im Ausmaß der Inflation sei daher
unbedingt erforderlich.