Nach Referendum

Grüne Korun fordert Aufklärung der Wahlvorwürfe in Türkei

18.04.2017

Laut der Menschenrechtssprecherin sind Türken an Abstimmung gehindert worden.

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© TZOe Fuhrich Roman
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Die Menschenrechtssprecherin der Grünen, Alev Korun, hat am Montag den Verdacht geäußert, dass beim Referendum in der Türkei bis zu 2,5 Millionen Stimmen manipuliert worden seien. Laut Korun, die als Wahlbeobachterin im Einsatz war, sind die Beschwerden in einem Ausmaß, dass sie das Wahlergebnis drehen würden. "Diesen Vorwürfen muss nachgegangen werden", forderte Korun am Dienstag in Wien.

   "In Österreich vom Rechtsstaat zu profitieren und gleichzeitig für die Abschaffung der Gewaltenteilung in der Türkei zu stimmen, ist ein großer Widerspruch", sagte Korun weiter. Korun war selbst als Wahlbeobachterin für den Europarat im Einsatz. Die Beobachtermission sei aber wegen Sicherheitsbedenken stark eingeschränkt worden, berichtete sie. So war es beispielsweise nur in vier Orten der Türkei möglich, die Wahl zu beobachten. Sie selbst habe während ihres Einsatzes keine Unregelmäßigkeiten festgestellt. Nach ihr zugetragenen Berichten sollen aber zwei Wahlbeobachter der OSZE in dem mehrheitlich von Kurden besiedelten Diyarbakir von bewaffneten Polizisten daran gehindert worden sein, das Abstimmungslokal zu betreten.

   Bis zu 1,5 Millionen Wahlkuverts sollen nach Angaben der Oppositionspartei nicht abgestempelt worden und demnach ungültig sein. Die übrige Million soll weitere Unregelmäßigkeiten betreffen. So sollen etwa Menschen, die zur Fahndung ausgeschrieben wurden, Korun geht von 10.000 Türken aus, durch Ausweiskontrollen vor den türkischen Wahllokalen an der Abstimmung gehindert worden sein. Es hätte auch Beschwerden von Einzelpersonen gegeben, die Unregelmäßigkeiten dokumentiert hätten, berichtete Korun. So wurden in sozialen Netzwerken Videos verbreitet, die vermeintlichen Wahlbetrug zeigen.

   Auf Basis dieses Vorwurfs hat die Opposition ihre Wahlanfechtung angekündigt. Im nächsten Schritt muss nun eine offizielle Beschwerde bei der obersten Wahlbehörde eingebracht werden, die diese schriftlich bestätigen muss. Politische Beobachter in der Türkei gehen aber davon aus, dass die Wahlbehörde im Sinne der AKP entscheiden wird, so Korun.

   Die Vorwürfe der Wahlbeobachtung haben nach Angaben Koruns auch in der Türkei hohe Wellen geschlagen. Demnach hätte Erdogan erklärt, er würde sich von Wahlbeobachtern nichts sagen lassen, berichtete Korun. Die Lage in der Türkei werde jedenfalls einer der Schwerpunkte der parlamentarischen Versammlung im Europarat in der nächsten Woche sein, kündigte Korun an.

   Bei dem türkischen Referendum erreichte Erdogan bei den Auslandstürken hohe Zustimmung. In Österreich stimmten 73,33 Prozent der Türken, die am Sonntag beim Referendum über die Verfassungsreform teilnahmen, für Erdogans Pläne. Gründe dafür sieht die Grünen-Abgeordnete Berivan Aslan im ungehinderten AKP-Wahlkampf und der Einschüchterung türkischer Minderheiten, die der Wahlurne fernblieben.

   Insgesamt haben 54.000 Austrotürken in drei Konsulaten für Ja gestimmt, 74 Prozent in Wien, in Salzburg fast 72 Prozent. Die hohe Zustimmung erklärt sich die kurdischstämmige Grünen-Abgeordnete Berivan Aslan durch die Wahlkampfarbeit der AKP, die sich mit türkischen Vereinen wie ATIB und Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD) ungehindert mobilisieren konnte.

   Auch Integrationsmängel hätten zu der hohen Zustimmung in Österreich geführt. Ein anderer Grund läge in den fehlenden Stimmen der Minderheiten, wie die der Kurden und Armenier. Wegen Einschüchterung und Denunzierung von türkischen AKP-Anhängern seien sie den Wahllokalen ferngeblieben, ist Aslan überzeugt. Die Wahlbeteiligung unter den knapp 117.000 Austrotürken lag bei knapp 50 Prozent.

   Im weltweiten Schnitt liegt Österreich damit auf dem vierten Platz - noch vor Deutschland und Belgien. Die ersten drei Plätze belegen der Libanon, Jordanien und Belgien. Dabei lässt sich unter den Auslandstürken ein sehr unterschiedliches Stimmverhalten erkennen. Mit wenigen Ausnahmen zählen besonders die Länder mit den größten türkischen Gemeinden in Europa, wie Österreich, Deutschland, Frankreich, Niederlande, Belgien, zu den Erdogan-Unterstützern.

   Aslan glaubt auch nach dem Erfolg des Referendums nicht an einen Kurswechsel Erdogans. "Es gibt kein Zurück mehr für ihn (Erdogan, Anm)". Eher werden die Gewalt und der Druck auf die Opposition erhöht", so Aslan. Die Politikerin fordert daher, der Türkei keine weiteren Beitrittskapitel zu öffnen sowie die Finanzmittel aus der EU-Vorbeitrittshilfe (IPA) neu zu diskutierten.
 

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