Deutscher Wahlsieg beflügelt auch Österreichs Grüne.
Bald soll auch in Österreich die Stunde der Grünen schlagen: Mit Rückenwind aus Deutschland arbeitet die Ökopartei an einer Regierungsbeteiligung im Bund.
"Der Wahlerfolg der Grünen in Deutschland ist ein klares Zeichen des Aufschwungs auch für uns", sagt Wiens Öko-Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou. "Chance 2013" lautet die offizielle Parole von Grünen-Chefin Eva Glawischnig. Sie will nach der Nationalratswahl 2013 in der Bundesregierung mitmischen.
Reibebaum fehlt
Allerdings: Eins zu eins können Österreichs Grüne den Erfolg ihrer Schwesterpartei nicht nachmachen, meint Politologe Peter Filzmaier: "Keine Partei ist hierzulande klar für Atomkraft." Glawischnig fehle der Reibebaum. Oft sei die Ökopartei auch zu schwammig: "Den Grünen fehlt das konkrete Thema." Nur mit Themen könnten die Grünen ausreichend dazugewinnen. Denn für eine Regierungsbeteiligung müsste die Ökopartei zumindest 15 % schaffen. Eine Schlüsselrolle kommt Vassilakou zu, meint Filzmaier: "Die Chance für die Grünen ist Wien: Hier können sie Regierungsfähigkeit zeigen."
"Ohne Fekter"
Die potenziellen Koalitionspartner SPÖ und ÖVP haben ihre Scheu vor den Grünen jedenfalls abgelegt: Wiens SPÖ-Bürgermeister Michael Häupl ist sichtlich angetan von Rot-Grün. Auch in der Landesregierung von ÖVP-Landeshauptmann Josef Pühringer ist die Ökotruppe vertreten. Ex-Grünen-Chef Alexander Van der Bellen sieht die Seinen gar schon in der Rolle des Königsmachers und gibt sich durchaus wählerisch: "SP und VP wollen nicht mehr miteinander. Realistisch ist sowohl Rot-Grün als auch Schwarz-Grün – aber ohne Innenministerin Maria Fekter."
Die Interviews mit Maria Vassilakou und Alexander Van der Bellen sehen sie auf den nächsten Seiten.
Vizebürgermeisterin Vassilakou: "Wien hilft uns bei Wahl 2013"
ÖSTERREICH: Wie bewerten Sie den grünen Wahlsonntag in Deutschland?
Maria Vassilakou: Das ist ein ganz bedeutender Sieg. Es zeigt, dass auf den Grünen die Hoffnungen für die Lösung der Zukunftsfragen ruhen: Energieversorgung, Wirtschaftsinnovation, Bürgergesellschaft.
ÖSTERREICH: Bedeutet das Ergebnis auch einen Aufschwung für Österreichs Grüne, oder lässt sich das nicht übertragen?
Vassilakou: Der Erfolg bedeutet Aufschwung: Aufschwung für grüne Ideen, für das grüne Projekt und damit auch für die Grünen in Österreich. Auch wenn der Rahmen in Deutschland ein anderer ist. Deutschland hat AKWs, und die Grünen sind die einzige glaubwürdige Phalanx gegen die Nuklearindustrie. Und in Deutschland wissen die Bürger, was sie an den Grünen in der Regierung schon hatten. Das wollen sie wieder.
ÖSTERREICH: Denken Sie, dass Ihnen Ihre Regierungsbeteiligung in Wien für die Wahl 2013 eher hilft oder schadet?
Vassilakou: Natürlich hilft es. Allein wenn wir uns ansehen, was plötzlich alles passiert: Solarkraftwerk, Fahrradstraßen, Freiräume, Öffi-Offensive. Es wird über grüne Zukunftsprojekte diskutiert.
ÖSTERREICH: Nach der Wahl 2013 in die Bundesregierung – unrealistisch oder Zielvorgabe?
Vassilakou: Nicht alles, was irgendwie möglich ist, muss gleich ein Ziel sein. Ziel ist: mehr Grün als bei der letzten Wahl.
Das Interview mit Ex-Grünen-Chef Alexander Van der Bellen lesen sie auf der nächsten Seite.
Ex-Grünen-Chef Van der Bellen: "Rot-Grün wäre mir lieber"
ÖSTERREICH: Freuen Sie sich für Deutschlands Grüne?
Alexander Van der Bellen: Es ist ein Riesenerfolg für Winfried Kretschmann in Baden-Württemberg. Ich kenne ihn gut. Das ist sein Lohn für Jahre konsistenter Arbeit. Stuttgart 21 erklärt da nicht alles, die Grünen haben sich ja auch in Rheinland-Pfalz verdreifacht.
ÖSTERREICH: Nützt das Österreichs Grünen?
Van der Bellen: Bekanntlich gibt es in Österreich keine AKWs, also ist das nicht übertragbar. Die Anti-Atompolitik ist schon Thema. Aber auch bei uns geht es insgesamt darum, den Stromverbrauch, der derzeit um zwei Prozent pro Jahr steigt, zu reduzieren.
ÖSTERREICH: 2013 in die Bundesregierung – realistisch?
Van der Bellen: Absolut. Eva Glawischnig wird alles daransetzen. SP und VP wollen nicht mehr miteinander. Realistisch ist sowohl Rot-Grün als auch Schwarz-Grün – aber ohne Innenministerin Maria Fekter. Mir wäre Rot-Grün lieber.