"Wir räumen damit auf!"
Grüne wollen Erdogans Spitzelsystem zerstören
17.02.2017
Cem Özdemir und Peter Pilz erwarten "mit Sicherheit eine Eskalation"
"Wir werden das unerträgliche Spitzelsystem Erdogans in ganz Europa zerschlagen", kündigten der deutsche Grünen-Chef Cem Özdemir und der österreichische Grünen-Abgeordnete Peter Pilz Freitag in Berlin in einer gemeinsamen Pressekonferenz an. "Wir räumen damit auf!"
Die Bespitzelung von Kritikern des türkischen Autokraten habe ein unerträgliches Ausmaß erreicht. Mittlerweile seien nicht nur die türkischen Communities in Deutschland und Österreich Zielscheibe der Spione, sondern sogar Deutsche und Österreicher. Pilz schilderte aktuelle Fälle, wonach sogar Österreicher direkt nach der Landung in Istanbul am Flughafen festgenommen und 24 Stunden inhaftiert worden seien, weil sie sich zuvor in einem österreichischen Kaffeehaus kritisch über Erdogan geäußert hatten. Das Außenministerium in Wien habe solche Fälle bereits bestätigt und in der Türkei interveniert.
"Dringende Reisewarnung"
Auch in Berlin müsse man damit rechnen, dass in Restaurants und Cafés Spitzel im Auftrag Erdogans Gespräche abhörten. Nicht nur weil hier in Relation weit mehr Türken lebten als in Wien, sondern weil sich Berlin jüngst zum Exil für türkische Intellektuelle, Journalisten und Oppositionelle entwickelt habe. Laut Özdemir seien sogar komplette Redaktionen aus der Türkei nach Berlin geflüchtet.
Pilz gab sogar eine "dringende Reisewarnung" aus und warnte alle, die sich in letzter Zeit kritisch geäußert hätten, ausdrücklich vor einer Reise in die Türkei.
Versuch der politischen Destabilisierung
Beide Politiker sehen hinter Erdogans Strategie nicht nur einen Angriff auf seine Kritiker, sondern auch den Versuch der politischen Destabilisierung der europäischen Demokratien. Dieses Ziel teile Erdogan mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin.
"Bei uns ist für solche Spitzel kein Platz", sagten Pilz und Özedmir. Man werde alles veröffentlichen, aufklären und vor Gericht bringen und die Täter abschieben. "Die erste Station heißt Gericht, die zweite Station heißt Ankara."
Die Zeit des Kuschelns mit der türkischen Regierung müsse vorbei sein, appellierten Pilz und Özdemir an die Regierungen in Wien und vor allem Berlin.
Zuspitzung erwartet
Das Spitzelsystem habe Erdogan in fast allen europäischen Ländern sowie in Fernost und Zentralasien, in mehreren afrikanischen Ländern und in Australien etabliert.
Pilz und Özdemir erwarten nun eine Zuspitzung: "Wir werden in den nächsten Monaten mit Sicherheit eine Eskalation haben."
Da die ATIB statutenwidrig tätig sei, werde sie von der Vereinsbehörde in Österreich aufgelöst werden müssen. Die ATIB-Konten müssten geöffnet und alle Geldflüsse untersucht werden.