Abrechnung am grünen Bundeskongress befürchtet. Grün-Angst vor Absturz
Grüner Ärger. Die Art, wie die Grünen die Causa Lena Schilling handhaben, löst in der grünen Welt zunehmenden Ärger aus. Langjährige Grüne reiben sich ob dieses fatalen Krisenmanagements nur noch verwundert bis entgeistert die Augen.
- Grüne im Wahlkampf auf Distanz zur Parteispitze
- Schillings frühere Freundin deaktiviert Social-Media-Account
- Causa Schilling: Schieder droht Grüner mit Klage
Im Fokus der Kritik stehen Grün-Klubobfrau Sigrid Maurer und Generalsekretärin Olga Voglauer. Der grüne Bundessprecher und Vizekanzler Werner Kogler kommt intern besser weg. Er habe ja „nie den Ober-Moralisierer gespielt“, sagen Grüne. Und: Ihm seien die „meisten bei uns nach wie vor dankbar, wie er die Partei nach dem Rauswurf aus dem Parlament 2017 saniert“ habe.
Aber was wird Maurer vorgeworfen?
Zum einen, sagen mehrere Grüne, habe sie Lena Schilling „gegen Einwände durchgeboxt“. Einige Grüne hatten sie gewarnt, dass „man eine talentierte junge Aktivistin nicht sofort zur Spitzenkandidatin machen“ könne. Politik „muss man lernen“.
Andere geben allerdings zu, dass sie die Schilling-Nominierung als „Coup angesehen“ hätten. Tatsächlich lagen die Grünen in sämtlichen Umfragen in Sachen EU-Wahl durch Schilling weit besser als in Nationalratswahl-Umfragen.
»Kein Mitgefühl für weibliches Opfer«
In Teilen der Grünen – gerade im urbanen Bereich – wird Maurer zudem „mangelndes Mitgefühl und Verständnis für das weibliche Opfer der Geschichte“ attestiert. Gemeint: Veronika Bohrn Mena, über die Schilling – das steht außer Streit – erzählt hatte, dass sie von ihrem Mann vermeintlich „geschlagen“ worden sei und deswegen eine „Fehlgeburt“ erlitten hatte. „Da es einen Vergleich gab“, hätte die grüne Führung und speziell Maurer „hier eine Entschuldigung und Verständnis für Veronika Bohrn Mena ausdrücken müssen. Egal wie wütend sie auf den Standard und die Bohrn Menas“ auch gewesen sein möge. Eine Grüne argumentiert dabei ähnlich wie die Betroffene: Das sei „eine Täter-Opfer-Umkehr gewesen“.
»Maurer stellt sich erstmals einer Wahl«
Das würde einer „Feministin nicht verziehen“, so ein Grüner. Ein anderer langjähriger Wegbegleiter der Öko-Partei erinnert zudem, dass „Maurer noch nie gewählt wurde. Beim Bundeskongress muss sie sich aber einer Wahl stellen“.
Und das könnte spannend werden. Sollten die Grünen bei der EU-Wahl unter zehn Prozent abstürzen, könnte es zu „schweren Abrechnungen beim Bundeskongress kommen“. Dieser müsse bekanntlich die Liste für die Nationalratswahl absegnen.
Generalsekretärin Voglauer wiederum dürfte schlicht nicht mehr zugetraut werden, dass „sie einen Nationalratswahlkampf managen“ könne. Auch wenn Meinungsforscher derzeit nicht glauben, dass die Grünen bei der Nationalratswahl Ende September den Einzug ins Parlament verpassen könnten, haben manche Grüne Angst, doch rauszufliegen. Das Trauma aus 2017.
»Müssen uns nach EU-Wahl neu aufstellen«
Ein grüner Stratege sieht aber noch intakte Chancen, aus dem Drama wieder rauszukommen. Die Grünen müssten sich „in ein paar Positionen neu aufstellen und sich dann voll auf unsere Kernkompetenzen konzentrieren“.
Klubobfrau Sigrid Maurer, Vizekanzler Werner Kogler und der oö. Landesrat Stefan Kaineder (Grüne) am 8. Mai 2024 in Wien.
Gemeint: Klimaschutz. Das rückt freilich Leonore Gewessler in den Fokus. Maurer hätte angeblich das Ziel gehabt, nach der Wahl die neue Bundessprecherin zu werden und Gewessler daher als Haupt-Konkurrentin angesehen und daher Schilling bereits vor der Absage Gewesslers forciert. Und damit wohl ihr politisches Schicksal besiegelt.