Farbspiele
Grüner Schennach wechselt zur Wiener SPÖ
01.09.2010
Der langjährige Bundesrat hat sich eine neue politische Heimat gesucht.
Der grüne Bundesrat Stefan Schennach ist zur Wiener SPÖ gewechselt. Der langjährige Mandatar der Ökopartei hat am Mittwoch seinen Austritt aus der grünen Fraktion verkündet. "Ich scheide hier nicht im Zorn und ich zerschlage auch kein Porzellan", verkündete Schennach in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit SPÖ-Landesparteisekretär Christian Deutsch, der in herzlich willkommen hieß.
Keine Zukunft mehr bei Grün
Es gehe aber um Perspektiven
für seine künftige politische Arbeit. Schennach ist seit 2001 Bundesrat und
scheiterte kürzlich in seinem Heimatbezirk Döbling bei der Listenerstellung
der Grünen.
"Niemand wusste davon"
Die Wiener Grünen nehmen das
Ausscheiden Schennachs mit Bedauern zur Kenntnis. Klubchefin Maria
Vassilakou hat aber "für den plötzlichen Seitenwechsel kein Verständnis".
Dieser Schritt sei ohne Vorinformation überraschend von ihrem Parteifreund
gesetzt worden. Das sei "persönlich enttäuschend, da mich mit Stefan
Schennach ein langjähriges Verhältnis der politischen Zusammenarbeit, der
Freundschaft und der gegenseitigen Loyalität verbunden hat", so
Vassilakou. Trotzdem wünscht sie ihm "alles Gute für seine Zukunft."
Schennach sieht "keinen Verrat"
Der letztendliche
Auslöser für den Parteiwechsel war Schennachs Scheitern bei der
Listenerstellung der Döblinger Grünen. "Das war eine sehr schmerzliche
Erfahrung - in meinem politischen Leben die schmerzvollste", bedauerte der
Neo-Sozialdemokrat. Seine Konsequenz: "Die Grünen müssen in ihrem
parteiinternen Funktionieren ein bisschen nachjustieren." Politische
Leistungen müssten gewürdigt werden, es müsse Regeln geben, "die das
politische Leben nicht zu einer Lotterie machen."
"Nicht zur Wahl zugelassen"
"Ich bin nicht abgewählt
worden - man hat mich nicht zur Wahl zugelassen. Das ist ein großer
Unterschied. Hätte ich zur Wahl antreten können, wäre ich auch gewählt
worden", zeigte sich Schennach überzeugt. Trotz seines Wechsels zur
Sozialdemokratie, wolle er nun nicht "inhaltliche Elemente der Grünen über
Bord werfen." Immerhin sei er 23 Jahren in der Partei aktiv gewesen - unter
anderem als Pressesprecher. Entsprechend lange habe er sich seinen Schritt
überlegt, als die Wiener SPÖ im Sommer an ihn herangetreten sei: "Aber
vielleicht ist das Angebot genau zur richtigen Zeit gekommen."
"Viele Parteifreunden haben Verständnis"
Der
Langzeit-Grüne ist am Dienstag 54 Jahre alt geworden. "Das ist eine Zäsur im
Leben", meint Schennach. Für ihn sei immer die Frage gewesen, wie er in
Zukunft seine Arbeit im und für den Nahen Osten und in Nordafrika fortsetzen
könne, es sei ihm um Perspektiven gegangen. Nun habe er seine Mitgliedschaft
im grünen Klub zurückgelegt und sich in einem persönlichen Schreiben von den
bisherigen Parteikollegen verabschiedet. In vielen Fällen habe er für seinen
Schritt Verständnis geerntet.
"Herzlich willkommen in der roten Familie"
Schennach
soll nach der Konstituierung des neuen Wiener Landtages nach der Wahl am 10.
Oktober auf der Vorschlagsliste der SPÖ für den Bundesrat stehen. "Ein sehr
kompetenter, erfahrener und lösungsorientierter Politiker der Grünen hat
seine neue Heimat bei der Wiener SPÖ gefunden", freut sich Deutsch:
"Herzlich Willkommen in der großen Familie der Wiener Sozialdemokratie."
Zerbröseln die Grünen?
Die Demontage von Schennach und
sein Wechsel zur SPÖ ist die bisher letzte - aus grüner Sicht - negative
Folgeerscheinung monatelanger interner Querelen. Die Wiener Partei hat im
Vorfeld der Wahl bereits in zwei Bezirken Parteispaltungen aufgrund
persönlicher Animositäten hinnehmen müssen. In der Josefstadt wurde
Bezirksvorsteher Heribert Rahdjian nicht mehr zum Spitzenkandidaten gekürt,
worauf er nun mit der eigenen Bezirksliste "Echt grün" den ehemaligen
Parteifreunden Konkurrenz macht. Ähnlich die Situation in Mariahilf: Dort
rebellierte eine Handvoll Grüner gegen die Nominierung von
Noch-Gemeinderätin Susanne Jerusalem zur Spitzenkandidatin und tritt nun
ebenfalls unter dem Namen "Echt grün" auf Bezirksebene an.