Asyldebatte
Gusenbauer findet Abschiebungen "grauslich"
02.10.2007
Der SPÖ-Bundeskanzler will Asylverfahren nach sieben Jahren stoppen und die Asylwerber im Land behalten.
SPÖ-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer kritisiert die jüngsten Abschiebungen von abgewiesenen Asylwerbern scharf. "Ich finde das grauslich", sagte der SPÖ-Chef gegenüber dem "Falter" zum Fall der Familie Zogaj aus dem Kosovo, die seit Jahren in Frankenburg in Oberösterreich lebte. Es mache keinen Sinn, "Leute, die ewig im Land sind, nach Hause zu schicken".
Gusenbauer lässt alle Fälle prüfen
Daher habe er
ÖVP-Innenminister Günter Platter aufgetragen, alle Fälle zu prüfen.
ÖVP-Vizekanzler Wilhelm Molterer hatte am Montagabend im ORF mitgeteilt, er
habe mit Platter vereinbart, im Fall der Familie Zogaj das Urteil des
Verfassungsgerichtshofs abwarten. Die Familie hatte angegeben, ihr Haus sei
im jugoslawischen Bürgerkrieg zerbombt worden.
Bis zur Entscheidung des Höchstgerichts sollen die Mutter und die 15-jährige Tochter, die seit der Abschiebung des Vaters und ihrer vier Geschwister verschwunden ist und mit Selbstmord gedroht hat, in Österreich bleiben dürfen.
Asylverfahren nach 7 Jahren stoppen
Gusenbauer spricht sich
außerdem dafür aus, dass Asylwerber, die sieben oder mehr Jahre in
Österreich leben, integriert sind und nicht straffällig werden, im Land
bleiben dürfen. "Dann soll das Asylverfahren abgebrochen werden,
weil es sinnlos geworden ist", meint der Kanzler.
Cap will Kommission für Bleiberecht
SPÖ-Klubobmann Josef Cap
sieht bei den aktuellen Fällen Platter am Zug. Der Minister könne per
Verordnung für einen humanen Vollzug sorgen, die Gruppe um Platter und
ÖVP-Generalsekretär Hannes Missethon wolle das aber offenbar nicht, so Cap,
selbst wenn Familien zerrissen würden. Das widerspreche dem Artikel 8
der Menschenrechtskonvention.
In Zukunft solle eine eigene Kommission im Innenministerium über das Bleiberecht entscheiden, forderte der SPÖ-Klubchef. Asylsuchende, die "fünf, sechs, sieben Jahre da sind", müssten auf bestimmte Kriterien überprüft werden - wie die Familiensituation, Sprachkenntnisse, Akzeptanz der österreichischen und europäischen Werte, berufliche Aussichten und strafrechtliche Unauffälligkeit. Die Kommission sollte dann die Erfüllung der Kriterien prüfen.
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Fischer für Humanität
Bundespräsident Heinz Fischer
mahnt "humanitäre Gesichtspunkte" in Asylangelegenheiten ein.
Menschen, die in Österreich Schutz gefunden und sich erfolgreich um
Integration bemüht haben, sollten "in fairer Weise behandelt"
werden und "gegebenenfalls Aufnahme finden", findet Fischer.
"Der demokratische Rechtsstaat muss außerhalb der Reichweite von Terroristen liegen", so der Präsident. Die Feinde einer grundrechtlich geschützten demokratischen Gesellschaft dürften "nicht den Triumph erleben, dass sie uns durch Drohungen und mit verabscheuungswürdigen Methoden zu einem Abbau rechtsstaatlicher Prinzipien zwingen können".
Grünen kommt das Speiben
Grünen-Chef Alexander Van der
Bellen kommt wörtlich "das Speiben" in Anbetracht der ÖVP-Aussagen
zur Ausländerpolitik: "Wenn die ÖVP sagt, wir sehen Menschen mit
Migrationshintergrund als Potenzial für unser Land - und das in Tagen, wo
haufenweise integrierte Familien ohne jeden Grund aus Österreich abgeschoben
werden - dann betrachte ich das als zynisch."
Die Grüne Menschenrechtssprecherin Brigid Weinzinger fordert einen sofortigen Abschiebestopp für alle Langzeitintegrierten mit unklarem Aufenthaltsstatus, eine "saubere Bleiberechtsregelung" und eine sorgfältige Prüfung aller anstehenden Fälle.