Der Ex-Kanzler soll einen Aktienverkauf um 3,7 Millionen Euro als "Brosamen" bezeichnet haben, die ihn "nicht interessieren". So steht es in Hans-Peter Martins Buch "Die Europafalle".
Mit Empörung und einer "Schwärzungsaktion" reagiert der EU-Abgeordnete Hans-Peter Martin auf die gerichtlichen Schritte von Ex-SPÖ-Kanzler Alfred Gusenbauer gegen sein Buch "Die Europafalle". Er nennt Gusenbauers Vorgehen eine "ganz miese Tour" angesichts der bevorstehenden EU-Wahl. Einen Satz (auf Seite 55) strich Martin persönlich, darin hatte er Gusenbauer vorgeworfen, mit Aktienspekulationen geprahlt zu haben.
Daten-Wirrwarr
Offensichtlich falsch ist das in der Fußnote
angegebene Datum, wann die diesbezügliche Aussage Gusenbauers gefallen sein
soll. Laut dem Buch war es bei einer Veranstaltung zum SPÖ-Neujahrsempfang
am 10. Jänner 2003 auf der Gloriette. Martin nannte am Montag aber
wiederholt 2002 - und erklärte auch, es müsse sich um einen Druckfehler im
Buch handeln.
Gusenbauer über "Brosamen"
Der Ex-Kanzler soll
dort erzählt haben, dass er mit seinem Vater Aktien im Wert von 3,7
Millionen verkauft habe, dass ihn aber "solche Brosamen" nicht
interessierten. Er selbst habe das gehört, erklärte Martin nun, trug aber
auch aus einem Protokoll vor, das seinen Angaben nach von einer
Mitarbeiterin der SPÖ-Fraktion im EU-Parlament stammt. Um wen es sich
handelt, wollte er nicht sagen. Auch den öffentlich ausgestrichenen Satz
wollte er nicht vorlesen, aus juristischen Gründen.
Zur Unterlassung aufgefordert
Geschwärzt hat Martin den Satz,
weil der Verlag Piper ein Abmahnschreiben mit der Aufforderung zur
Unterlassung bekam. Gusenbauers Anwälte - u.a. Leo Specht - hatten bereits
bekanntgegeben, dass auch ein Antrag auf Einstweilige Verfügung gestellt
worden sei, weil das Buch "unwahre Behauptungen" enthalte. Mit der
Schwärzung will Martin für den Fall einer Einstweiligen Verfügung
"sicherstellen, dass mein Buch im Handel bleibt".
Taktik vor EU-Wahlen
Martin vermutet hinter dem jetzigen Vorgehen
Gusenbauers eine Strategie, um seinen Verbleib im EU-Parlament zu
verhindern. Denn er habe Gusenbauer schon mehrfach vorgeworfen, mit
Aktienspekulationen zu prahlen - etwa in Interviews für Zeitungen. Damals
habe Gusenbauer keine rechtlichen Schritte ergriffen.
"Stalinistischer Reflex"
Jetzt, vor der EU-Wahl, würden
"gewisse Sozialdemokraten" - darunter der "Kurzzeitkanzler" - versuchen,
einen politischen Gegner zu kriminalisieren und mundtot zu machen. Schon
seit Jahren erlebe er "haltlose, falsche Anschuldigungen" und
Kriminalisierungsversuche durch "Sozialisten mit stalinistischem Reflex",
beklagte Martin, der 1999 Spitzenkandidat der SPÖ für die EU-Wahl war.
Bösch schuld an OLAF-Ermittlungen?
Mehrmals nannte er den
roten EU-Abgeordneten Herbert Bösch. So wirft er ihm vor, mit einer Anzeige
die Erhebungen der Betrugsbekämpfungsbehörde OLAF wegen der Verwendung
seiner Sekretariatszulage ins Rollen gebracht zu haben. Und diese "falschen
Anschuldigungen" seien der Grund gewesen, warum ihm 2006 der Einzug ins
heimische Parlament nicht gelang.