Nach dem letzten Ministerrat der alten Regierung meinte der scheidende Kanzler, er habe sich ganz gut mit dem Vizekanzler verstanden.
Bundeskanzler Alfred Gusenbauer hat sich nach der letzten Ministerratssitzung der von ihm geführten Regierung zum Abschied versöhnlich gezeigt. Er hätte gerne die ganze Legislaturperiode durchgedient, die Bilanz der Regierung könne sich aber sehen lassen, sagte der Sozialdemokrat nach der 71. und letzten Regierungssitzung seines Kabinetts. "Es ist gelungen sowohl zu arbeiten, als auch zu streiten", so ein etwas wehmütig wirkender Kanzler.
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Bleibt in der Politik
Er habe den Job in diesem "herrlichen
Haus" gerne gemacht. Zu seiner Zukunft habe er Vorstellungen, will sich
aber bis Februar eine Auszeit nehmen: "Jetzt werd ich mich mal erholen",
so Gusenbauer. Der frühere SPÖ-Chef wird auch weiterhin politisch tätig
sein, er bleibt Vize der Sozialistischen Internationale und Vorsitzender des
Kuratoriums im Renner-Institut, wo er auch künftig telefonisch und auf dem
Postweg zu erreichen sein werde, so Gusenbauer.
"Liege nicht auf der Tasche"
Der scheidende Kanzler
kündigte weiters an, die ihm für ein halbes Jahr zustehenden Bezüge nicht in
Anspruch zu nehmen: "Ich werde der Republik nicht auf der Tasche liegen."
Tarockspiel mit Molterer
Die Arbeit habe ihm bei allen
Unerfreulichkeiten "große Freude gemacht", sagte Gusenbauer.
Zum scheidenden Vizekanzler Wilhelm Molterer habe er persönlich ein gutes
Verhältnis gehabt. Jetzt wo beide mehr Zeit haben, sei auch eine gemeinsame
Partie Tarock ausgemacht.
ÖVP spielte Opposition
Unter die vorwiegend versöhnlichen
Töne Gusenbauers mischte sich aber auch Kritik. So warf er der ÖVP vor,
Opposition in der Regierung gelebt zu haben. Er habe versucht, mit einer
fairen Verteilung der Aufgaben der ÖVP entgegenzukommen: "Dieses
Konzept ist nicht aufgegangen." Er hoffe nun, dass das besser werde.
Manchmal seien Wahlniederlagen das einzige, das zu Lernschritten führe.
Was erreicht wurde
Gusenbauer unterstrich in seinem
Abschiedsstatement die aus seiner Sicht wichtigsten Änderungen während
seiner Amtszeit. In den 71 Ministerräten habe man 224 Regierungsvorlagen
ausgearbeitet. Darunter die Maßnahmen im Bildungsbereich (Neue Mittelschule,
Kinderbetreuung, Senkung der Klassenschülerhöchstzahl) und ein "fester
geknüpftes Sozialnetz" (Mindestlohn).
Besser als Obama
Gusenbauer verwies weiters auf die gesunkenen
Arbeitslosenzahlen und verglich sich dabei mit dem neuen US-Präsidenten
Barack Obama. Österreich habe verhältnismäßig mehr neue Arbeitsplätze
geschaffen, als sich Obama vorgenommen habe. Besonderes Augenmerk legte
Gusenbauer auch auf den Klimaschutz. Er glaube, das der nächste ökonomische
Aufschwung von einer technologischen Revolution begleitet sein werde.
Kdolsky auf Jobsuche
Teils mit Wehmut schritten die
Regierungsmitglieder zu ihrer letzten Ministerratssitzung. "Es ist
nicht ganz einfach, das geb ich gerne zu", sagte etwa Molterer. "Ich
bin ein bisschen traurig, dass ich nicht mehr mitgestalten kann",
bedauerte SPÖ- Sozialminister Erwin Buchinger. ÖVP-Kollegin Andrea Kdolsky
resümierte erstaunlicherweise, das ganze Regierungsprogramm abgearbeitet zu
haben und begibt sich jetzt "auf Jobsuche".
Plassnik will durch
"Faymann kommt, also geh ich",
meinte ÖVP-Wirtschaftsminister Martin Bartenstein nach 14 Jahren
Ministeramt. "Ich fühle mich gut", übte sich der rote
Finanzstaatssekretär Christoph Matznetter in Fröhlichkeit.
ÖVP-Außenministerin Ursula Plassnik blieb sich wie gewohnt treu und bahnte
sich den Weg durch den Steinsaal mit den Worten "Darf ich da durch!".
Molterer hat "viel weitergebracht"
Molterer, der die
Neuwahl ausgelöst hatte, überraschte mit der Aussage, die abgelöste
Regierung hätte "viel weitergebracht". Auf die Frage, wieso
er dann die Koalition aufgekündigt hat, meinte er, dazu habe er sich
entschieden und auch die Konsequenzen gezogen. Sein "Es reicht"-Spruch
werde bleiben, einzig "das Ergebnis hat nicht gereicht". Zu seiner
beruflichen Zukunft sagte Molterer, er werde sich neu orientieren, wohin
verriet er nicht.
Mandatare mit Nebenjobs
Auch Bartenstein kündigte an, sich neben
dem Mandat in der Wirtschaft zu betätigen, aber nicht im öffentlichen
Bereich. In den Nationalrat zurückkehren wird auch Matznetter. Er könne sich
aber auch vorstellen, irgendwann wieder in einer Regierung tätig zu sein: "Man
weiß nie, was kommt" so Matznetter. Seine Aufgaben sieht er als
erledigt an: "mission completed".
Gesundheitsreform "erledigt"
Nicht mit Wehmut, sondern "sehr
stolz" scheidet Gesundheitsministerin Kdolsky aus dem Amt. Es sei
während ihrer Amtszeit "unglaublich viel passiert". Die zwei
Jahre seien eine sehr große Herausforderung gewesen, die Gesundheitsreform
sieht sie als erledigt an. Persönlich will sie sich nun nach neuen Aufgaben
umsehen: "Ich bin auf Jobsuche", verkündigte die demonstrativ gut
aufgelegte Ministerin.
Buchinger zurück zum AMS
Etwas weniger euphorisch
präsentierte sich Buchinger. Den Grund für sein Ausscheiden sieht er
einerseits im Wechsel des Bundeskanzler begründet: "Jeder sucht
sich seine Mitarbeiter aus, das ist OK", andererseits sieht er die
Besetzung des Sozialressorts durch ÖGB-Chef Rudolf Hundsdorfer auch im "Schulterschluss"
zwischen Gewerkschaft und SPÖ begründet. Er selbst werde am Tag nach seinem
Ausscheiden aus der Regierung ins Arbeitsmarktservice (in Wien)
zurückkehren.
Zuwandererquote steigt
Beschlossen wurde im Ministerrat eine
etwas höhere Zuwandererquote 2009 als ursprünglich geplant. War im
Begutachtungsentwurf zur Niederlassungsverordnung von 8.040 Plätzen die
Rede, sind es nun 8.145 Bewilligungen. Im Vergleich zur Vorlage des
Innenministeriums sind 90 Plätze beim Familiennachzug und 15 bei den
Schlüsselkräften dazugekommen. Die
Details hier .
Den nächsten Ministerrat wird schon die neue SPÖ-ÖVP-Koalition mit Werner Faymann als Bundeskanzler bestreiten. Sie wird kommenden Dienstag (2. Dezember) angelobt.
Beim Präsidenten
Der designierte Vizekanzler Josef Pröll
wurde am Mittwochnachmittag von Bundespräsident Heinz Fischer zu einem
halbstündigen Gespräch in der Hofburg empfangen. Besprochen wurden die
Abläufe der nächsten Tage und die Angelobung der neuen Regierung im Detail.
Die neue Regierung wird kommenden Dienstag um 9.30 Uhr vom Bundespräsidenten
angelobt werden. Der künftige Bundeskanzler Werner Faymann hatte Fischer
schon am Montag über den Abschluss der Koalitionsverhandlungen unterrichtet.