Im Zug der Kanzler-Reise nach Lateinamerika ist am Dienstag der Staatsbesuch in Brasilien angesetzt, am Mittwoch geht es weiter nach Chile.
Vor 120 Jahren wurde in Brasilien mit der "Lei Aurea" (Goldenes Gesetz) die Sklaverei abgeschafft. Aus diesem Anlass hielt der Senat des brasilianischen Parlaments am Dienstagvormittag (Ortszeit) eine Sondersitzung ab, bei der auch Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (S) in einer Rede warnende Worte sprach: "Zu glauben, dass Intoleranz und Rassismus endgültig der Vergangenheit angehören, ist eine Illusion."
Vielmehr würden "Intoleranz und Rassismus" immer wieder weltweit "im neuen Gewand" entstehen, so der Bundeskanzler vor seinem Treffen mit Staatspräsident Luiz Inacio Lula da Silva im Parlament in Brasilia, vor dem ein paar Tausend landlose Bauern demonstrierten. Viele Grausamkeiten könnten wieder entstehen, wenn es keine Wachsamkeit gebe. Gerade in Zeiten, wo "wir es mit einem Primat der Ökonomie zu tun haben, ist immer die Gefahr gegeben, dass die menschliche Würde unter die Räder kommt". Daher sei es besonders wichtig, dass Parlamente in diesen Bereichen die notwendige Sensibilität hätten.
"Welt niemals so reich wie heute"
Die Prinzipien, die
seinerzeit zur Abschaffung der Sklaverei geführt hätten, müssten nun für die
Gegenwart und die Zukunft angewendet werden, forderte Gusenbauer. Die
Chancen dafür seien eigentlich gut: "Die Welt war noch niemals so reich wie
heute." Daher sei es aber eine Schande, dass es bei "diesem Reichtum" auf
der Welt noch so viel Armut gebe.
Gusenbauer verwies in seiner Rede aber auch darauf, dass bei der Abschaffung der Sklaverei vor 1888 auch eine Brasilianerin "österreichischer Abstammung" ihre Hände im Spiel gehabt habe. Das Dekret wurde von der Regentin Isabell unterzeichnet, der Enkelin von Kaiserin Leopoldina aus dem Hause Habsburg.
Zuvor hatte der frühere Präsident Brasiliens (1985-90) und heutige Senator Jose Sarney die 120-Jahr-Feier zu einer kritischen Bestandsaufnahme der Geschichte und der Gegenwart genutzt. Er erinnerte daran, "welche Schuld" Brasilien gegenüber seiner schwarzen Bevölkerung auf sich geladen habe. Diese gelte es zu begleichen. Doch damit sei es noch nicht getan. Der Ex-Präsident listete aber auch Daten auf, die zeigen sollten, dass die schwarze Bevölkerung in Brasilien nach wie vor sozial benachteiligt wird.
Dabei habe Brasilien den Schwarzen viel zu verdanken, so Sarney: "Die brasilianische Freude kommt aus Afrika. Afrika hat uns das gegeben, was es heißt Brasilianer zu sein." Doch gibt es in Brasilien nach wie vor Rassismus, warnte auch Senatspräsident Garibaldi Alves Filho. "Den Sklaven wurde formell die Freiheit gegeben, aber sehr oft verwehrte man ihnen eine gute Einbettung in unsere Gesellschaft." Dies gelte leider bis heute.
Dolmetscher mit Schwierigkeiten
Detail am Rande: Einige
Schwierigkeiten mit dem Namen des österreichischen Bundeskanzlers hatte der
Dolmetscher. Bei jeder Nennung geriet die ansonsten tadellose Übersetzung
aus dem brasilianischen Portugiesisch ins Deutsche ins Trudeln. So mutierte
der Name im Laufe der Zeit von "Gunsenbauer" über "Günsenbauer" bis
schließlich die Letztversion "Bundeskanzler Gusenberg" erreicht war.