Kritik
Härtere Strafen für Gewalt an Frauen
18.01.2010
Die Frauenministerin kritisiert das milde Urteil gegen einen Türken, der auf seine Frau einstach: "Das zerstört Jahrzehnte der Frauenpolitik."
ÖSTERREICH: Nach dem milden Urteil für den Messerangriff auf
eine Frau - wie reagiert jetzt die Frauenministerin?
Gabriele
Heinisch-Honsek: Dieses Urteil richtet sich gegen alle Gewaltopfer. Sie
leiden lebenslang darunter. Und viele Opfer werden wohl ihr Vertrauen in die
Justiz verlieren. Ich muss dieses Urteil zur Kenntnis nehmen, es aber nicht
akzeptieren. Denn es darf nicht zum Handlungsmuster werden, dass sich eine
Frau scheiden lässt und ein Mann mit Gewalt darauf reagiert, weil er weiß,
dass das bei Gericht ohnehin verharmlost wird.
ÖSTERREICH: Meinen
Sie im Ernst, dass der Griff zur Waffe üblich werden könnte?
Heinisch:
Es gibt internationale Studien, dass es in Österreich zwar mehr Anzeigen
wegen Vergewaltigungen gibt, die Zahl der Verurteilungen aber im Sinken
begriffen ist. Ja, ich fürchte, wenn man Opferschutz ernst nimmt, sind viele
Urteile zu mild. Da muss man endlich viel genauer hinschauen.
ÖSTERREICH:
Dürfen Menschen mit Migrationshintergrund mit Milde rechnen, wenn sie
zustechen?
Heinisch: Das ist das nächste fatale Signal in der
Begründung, die Staatsanwalt und Richter lieferten. Vor Gericht muss jeder
gleich sein, Frauenrechte sind unteilbar. Sonst machen wir Zwangsehen,
Genitalverstümmelung und Ehrenmorde salonfähig. Akzeptieren wir da einen
scheinbar kulturellen Hintergrund als Erklärungsmuster, schicken wir das
nächste fatale Signal in die Gesellschaft.
ÖSTERREICH:
Wie soll die Regierung jetzt reagieren?
Heinisch: Die
Justizministerin soll endlich Stellung nehmen - zumindest zu einem
weisungsgebundenen Staatsanwalt kann und soll sie etwas sagen. Das
Skandalurteil ist noch nicht rechtskräftig, ich hoffe jetzt auf eine höhere
Strafe. Die Justiz sollte auch erforschen, ob und warum es bei Gewalt gegen
Frauen häufig außerordentliche Milde gibt, beziehungsweise das
Höchststrafmaß nicht ausgeschöpft wird. Dazu sollen Staatsanwälte und
Richter in Kursen für diese Fragen sensibilisiert werden. ÖSTERREICH: Was
heißt das für Ihre Frauenpolitik? HEInISCH: Gerade bei Frauen mit
Migrationshintergrund ist die Situation besonders sensibel - das Urteil
führt sehr viel Integrationsarbeit ad absurdum und gefährdet jahrzehntelange
Anstrengungen in der Frauenpolitik.
Nur 6 Jahre für Türken, der eigene Frau niederstach Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. |