Beim Wiener Parkpickerl sind Fehler in der Kommunikation passiert, so Häupl.
Der Wiener Bürgermeister Michael Häupl (S) spricht sich dafür aus, über Nummerntafeln für Fahrräder nachzudenken. "Ich halte das für eine interessante Idee, die man nicht so schnell verwerfen sollte", erklärte er im Interview. Denn Rücksichtnahme im Verkehr sei nicht nur etwas, das bei einigen Autofahrern abhandengekommen sei, "sondern durchaus auch bei einzelnen Radfahrern".
Klagen über Radler Er höre immer wieder Klagen über Radler insbesondere von älteren Menschen. "Ob eine Nummerntafel ein geeignetes Instrumentarium zur Bekämpfung dieser Missstände ist, da will ich mich zur Stunde nicht festlegen. Ich würde sagen, man sollte drüber nachdenken", befand Häupl.
Selbstkritik bei Parkpickerl Häupl übt auch Selbstkritik in Sachen Parkpickerl: Bei der Kommunikation der Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung in Wien sei "sicher einiges schief gelaufen". Davon zeigte sich der Stadtchef im Interview überzeugt: "Natürlich hätte man es besser kommunizieren sollen, gar keine Frage." Wobei er gleichzeitig betonte, dass er zur nun geplanten Parkpickerllösung, also die Ausweitung der Kurzparkzonen auf Teile der äußeren Bezirke, stehe.
Kommunikationsproblem Man hätte schon früher erklären sollen, dass es sich um die Ausweitung einer seit 20 Jahren bestehenden Maßnahme handle. Denn die Erfahrungen in den Innergürtelbezirken seien positiv. "Umso wichtiger wäre es gewesen, dass man diese Diskussion rechtzeitig geführt hätte. Aber das hat keinen Sinn mehr, da jetzt herumzuraunzen", befand Häupl.
Eine Volksbefragung dazu lehnt er weiter ab: "Was so rasend demokratisch daran sein soll, dass Simmeringer, Donaustädter oder Favoritner über eine Parkpickerlzone in Ottakring entscheiden sollen, das wird man mir auch erst erklären müssen." Zudem gebe es verfassungsrechtliche Bedenken zur von der Opposition geforderten Fragestellung. Den inhaltlichen Kritikpunkten, so betonte er, sei Rechnung getragen worden: "Wir haben wesentliche Gebietsteile herausgenommen, haben die Zeit verkürzt und den Preis gesenkt."
Direkte Demokratie "Ich halte eine Verstärkung der Elemente der direkten Demokratie für notwendig, ohne die parlamentarische Demokratie aushebeln zu wollen. Das sind ja ergänzende kommunizierende Gefäße und nicht einander widersprechende", erklärte der Bürgermeister. Er verwies auf die im kommenden Jahr geplante Volksbefragung - in der es nicht nur um Verkehrsthemen gehen soll. Welche Themen sonst noch Gegenstand werden, verriet Häupl noch nicht.
Grüne Ideen Auch auf den Vorschlag der niederösterreichischen Grünen, dass Wiener nun im Umland Wiens fürs Parken zahlen sollen, ging er nicht näher ein: "Das ist eine singuläre Meinung der Frau Petrovic (Klubobfrau der Grünen, Anm.). Welche Rolle sie in Niederösterreich spielt, ist zweifelsohne an den politischen Kräfteverhältnissen abzusehen." Sein direkter Ansprechpartner sei Landeshauptmann Erwin Pröll (V). Dieser sei von der Maßnahme zwar auch nicht rasend begeistert, habe jedoch Verständnis geäußert.
Das Verhältnis zum grünen Koalitionspartner in Wien sei weiterhin gut, versicherte er. Anderslautende Meldungen hätten mit einer "bestimmten Strategie" zu tun, nämlich jener der ÖVP, im kommenden Nationalratswahlkampf vor Rot-Grün zu warnen. Darum habe die Bundes-ÖVP auch nicht zulassen können, dass die Wiener ÖVP in Sachen Parkpickerl zu einer Einigung mit der Stadtregierung kommt: "Mir tut es nur leid, dass die Wiener ÖVP nicht mehr Wiener Eigenständigkeit bewiesen hat. Aber das ist ihre Entscheidung, ich nehme es zur Kenntnis."
Dass die Parkpickerl-Querelen ein Dämpfer für eine rot-grüne Zusammenarbeit im Bund werden könnten, glaubt Häupl nicht. Dies würden nur "schlichte Gemüter" so sehen: "Ich wiederhole den Satz: Lieber streite ich mit den Grünen über Verkehrsthemen als mit den Schwarzen über Bildungsthemen. Weil die Frage der Bildung ist die Zukunftsfrage dieses Landes. Ob in Bezirksteilen das Parkpickerl entsprechend verlängert wird, ist für die Geschichte wirklich wurscht."
Rot-Grün im Bund? Ob die SPÖ im Bundeswahlkampf auf Rot-Grün setzen sollte? "Ich möchte dem Bundeskanzler (Werner Faymann, Anm.) keine Ratschläge erteilen. Das brauchen wir auch nicht, wir kennen uns 30 Jahre", begründete Häupl seinen Verzicht auf Wahlkampftipps.
Probleme sieht das Stadtoberhaupt derzeit für die FPÖ. Der Fall Graf und die derzeitige Entwicklung in Kärnten hätten der Partei geschadet. "Das wirft ein deutliches Sittenbild auf die berüchtigten sechs Jahre, in denen die FPÖ an der Regierung beteiligt war." Sie habe sich in dieser Zeit auf unverschämte Art und Weise am Staat bedient: "Dass es der FPÖ immer noch zu gut geht, steht außer jeden Zweifel. Offenbar werden an die FPÖ andere Moralansprüche gestellt." Eine Zusammenarbeit mit den Blauen lehnte Häupl einmal mehr ab.