Bürgermeister Häupl:

"Mädchen mit Kopftuch bereichern Wien"

28.04.2018

Im Interview mit dem 'Standard' sprach Michael Häupl über das Kopftuchverbot.

Zur Vollversion des Artikels
© ÖSTERREICH/ Gruber
Zur Vollversion des Artikels

Michael Häupl (SPÖ) übergibt nach 24 Jahren als Wiener Bürgermeister am 24. Mai sein Amt an Michael Ludwig. Im Interview mit dem "Standard" sprach der 68-Jährige über die größte Herausforderung seiner Amtszeit, die Flüchtlingskrise 2015. Er steht zu seinen Entscheidungen und fragt: "Was hätten wir machen sollen?" Wiederholen dürfe sich eine derartige Krise jedoch "nie mehr", so Häupl.

Auf die Frage, ob die Herausforderungen der Integration unterschätzt worden seien, meinte Häupl, dass Europa und Österreich die Möglichkeit hätten, den Zuzug zu regeln. Wien habe das nicht, da das Bundesland keine Staatsaußengrenze hat. "Unsere Aufgabe ist es, diejenigen, die zu uns kommen, in bestmöglicher Form in die Gesellschaft zu integrieren. Es gibt Dinge, die sind unumgänglich: dass man Deutsch kann und die Regeln des Zusammenlebens akzeptiert. Die Einhaltung der Menschenrechte, die Gleichstellung von Frauen oder der Schutz von Kindern sind unverhandelbar", so der Noch-Bürgermeister.

Muslimische Mädchen sollten seiner Meinung nach selbst entscheiden können, ob sie Kopftuch tragen wollen oder nicht. "Beides ist mir recht, ich habe keinen hysterischen Bezug dazu." Ein Kopftuchverbot komme für ihn nicht infrage: "Die muslimischen Mädchen mit den Kopftüchern, die gekommen sind, sind heute eher eine Bereicherung des Stadtbildes", so Häupl zum "Standard". Immerhin habe auch seine Mutter, als sie zum Greißler einkaufen gegangen sei, ein Kopftuch umgebunden gehabt.

Thema Mindestsicherung

Wird die Mindestsicherung in einem bundeseinheitlichen Gesetz geregelt, "muss der Bund auch alles zahlen", sagt der scheidende Wiener Bürgermeister im "Standard". Das sei ein "Einhakpunkt" für ein Land mit einer neuerlichen VfGH-Klage. Häupl lehnt unterschiedliche Regelungen für Österreicher und Flüchtlinge strikt ab, auch eine Wartefrist für neu nach Wien Zugezogene.
 
"Ich kürze nicht bei jemandem, der ein Monat lang mit dem Geld auskommen muss, das manche der Sozialkürzer von ÖVP und FPÖ an einem einzigen Abend beim Essen mit Freunden ausgeben. Das ist eine Schande", stellt sich Häupl gegen eine niedrigere Mindestsicherung für Flüchtlinge. "Zynisch und menschenverachtend" sei es, dass sich Niederösterreich mit seinen - vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen - Kürzungen "ein paar Monate etwas erspart" habe, "das mache ich nicht".
 
Auch eine von seinem Nachfolger Michael Ludwig erwogene Wartefrist für neu nach Wien Zugezogene lehnt er ab. Die Alternativen für Menschen, die kein Einkommen haben, wären nur, sich mit Gelegenheitsjobs - "in der Regel mit Schwarzarbeit" - über Wasser zu halten, "oder man geht stehlen". "Wer Armut befördert, befördert auch Kriminalität", konstatiert der scheidende Wiener Bürgermeister.
 
Angesprochen darauf, dass sich ihn Wien die Zahl der Mindestsicherungs-Bezieher seit 2010 fast verdoppelt habe, stellte Häupl fest, dass die Zahl momentan sinke. Und: "Wir wollen die Bezieher in den Arbeitsprozess rückführen, darauf setzen wird."
 
Zur Vollversion des Artikels