Kanzler Faymann und Vizekanzler Pröll haben sich auf einen Kandidaten verständigt.
SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann lobte den nun als österreichisches Mitglied für die EU-Kommission nominierten Johannes Hahn als Person mit "breitem Wissen und guter Erfahrungen". Auch der Zeitpunkt der Entscheidung sei richtig gewesen, so Faymann nach dem Ministerrat. Der Vorschlag sei von ÖVP-Vizekanzler Josef Pröll gekommen und die Regierung stehe geschlossen dahinter, so der SPÖ-Chef.
Kompromiss gefunden
Die Regierungsparteien hatten sich in den
vergangenen Wochen ein zähes Tauziehen über die Frage, wer Österreichs
EU-Kommissar werden soll, geliefert. Die ÖVP hatte das Vorschlagsrecht
gehabt, ihren Wunschkandidat Wilhelm Molterer allerdings lehnte die SPÖ ab.
Die Roten versuchten im Gegenzug, die noch amtierende schwarze Kommissarin
Benita Ferrero-Waldner zu forcieren. Wissenschaftsminister Hahn hatte sich
bei diesem Patt bereits vor dem Wochenende als Kompromisskandidat
abgezeichnet.
"Aus dem Herzen der ÖVP"
Pröll betonte, dass Hahn "aus
dem Herzen der ÖVP" komme, aber auch mehrere Jahre in einer
führenden Position in der Wirtschaft verbracht habe sowie Stadtrat in Wien
gewesen sei. Er könne beim Portfolio ein sehr weites Feld abdecken. Welches
Dossier Hahn tatsächlich in der neuen Kommission übernehmen soll, ist noch
offen. Pröll und Faymann wünschen sich jedenfalls ein "Zukunftsdossier".
Molterer schwer enttäuscht
Sichtlich enttäuscht hat der
frühere ÖVP-Vizekanzler Wilhelm Molterer seine Nicht-Nominierung akzeptiert: "Ich
nehme die Entscheidung der Bundesregierung zur Kenntnis und bedanke mich bei
Vizekanzler Josef Pröll und der ÖVP für die Unterstützung",
so Molterer schriftlich. "Es wäre eine schöne und herausfordernde
Aufgabe gewesen, für die ich meine Erfahrung als Bundesminister mehrerer
Ressorts einbringen hätte können."
"Faymann hat mich verhindert"
Den Schuldigen für seine
Nicht-Nominierung hat Molterer bereits ausgemacht: "Bundeskanzler
Faymann hat meine Nominierung verhindert, aus welchen Gründen auch immer."
Kommissar Johannes Hahn wünsche er jedenfalls viel Erfolg, so der
ÖVP-Abgeordnete.
Strache: "Bankrotterklärung"
Die Entsendung von
Hahn komme einer Bankrotterklärung der Bundesregierung gleich, meint
FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache. Hahn sei sowohl als Wissenschaftsminister
wie auch als Wiener ÖVP-Obmann gescheitert. Und dafür werde er jetzt mit dem
Kommissarsposten belohnt, so der Freiheitliche.
Bucher: "Sondermülldeponie"
"Die
EU-Kommission wird immer mehr zu einer Sondermülldeponie für glücklose
Politiker", findet BZÖ-Chef Josef Bucher und fragt sich: "Wie
soll aber jemand als EU-Kommissar gute Figur machen, wenn er nicht einmal in
der Lage ist, für ordentliche Verhältnisse an den österreichischen
Universitäten zu sorgen."
Glawischnig: "Zweite Reihe"
Grünen-Chefin Eva
Glawischnig bedauert, dass der Entscheidungsprozess derart "vermurkst"
wurde. Um dem unwürdigen Schauspiel ein Ende zu machen, hätten sich die
Koalitionspartner auf einen Kompromisskandidaten "aus der zweiten Reihe"
geeinigt, so die grüne.