Prozess
Haider-Sekretär Koloini: "Nicht schuldig"
12.10.2011
Soll Vermögen aus von Haider "verkauften" Staatsbürgerschaften verschoben haben.
Unter regem medialen Interesse ist am Mittwoch im Wiener Straflandesgericht der Prozess gegen den früheren Protokollchef des vor drei Jahren verstorbenen Kärntner Landeshauptmanns Jörg Haider, Franz Koloini, eröffnet worden. Dem 33-jährigen Villacher wird Geldwäsche vorgeworfen. Koloini soll Anfang 2007 ein Bankkonto aufgelöst und das Geld verschoben haben, das - so die Anklagebehörde - zwei russische Geschäftsmänner dafür bezahlt hatten, dass Haider wiederholt zu ihren Gunsten intervenierte und dafür sorgte, dass sie entgeltlich die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen bekamen.
"Nicht schuldig"
Die vier Angeklagten bekannten sich allesamt "nicht schuldig". Über ihre Anwälte traten sie entschieden den Ausführungen von Staatsanwalt Eberhard Pieber entgegen. Gerhard Lesjak, der Verteidiger von Franz Koloini, bemerkte, sein Mandant sitze "stellvertretend für den verstorbenen Landeshauptmann Haider da". Die Anklage sei "reinste Fiktion" und enthalte "aktenwidrige Behauptungen".
"Der Herr Koloini hat von den Staatsbürgerschaften nichts gewusst", sagte Lesjak. Koloini sei "der kleinste Fisch, der nichts gemacht hat, als Dienstanweisungen vom Landeshauptmann Haider zu befolgen".
"Der Strafantrag kann rechtlich überhaupt nicht halten", bemerkte Herbert Eichenseder, der Rechtsvertreter des angeklagten Wiener Anwalts. "Es ist überhaupt nichts illegal", bekräftigte Manfred Ainedter, der den beiden Russen zur Seite steht. Er verstehe die Anklage nicht: "Wo is des Problem? Wenn jemand aus dem Ausland bei uns viel investiert und das im besonderen Interesse der Republik liegt, kann die österreichische Bundesregierung ihm die österreichische Staatsbürgerschaft verleihen. Das passiert immer wieder und 100 Mal."
Haider soll sich bei der damaligen, aus Vertretern der ÖVP und des BZÖ zusammengesetzten Regierung für die Russen stark gemacht haben. Im Strafantrag werden in diesem Zusammenhang Interventionen bei Ex-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V), Ex-Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (V) und der verstorbenen Innenministerin Liese Prokop (V) erwähnt. Hintergrund des Deals war laut Anklage Haiders Bestreben, den Rennfahrer Patrick Friesacher als Werbeträger für den Kärntner Tourismus in der Formel 1 unterzubringen.
Formel-1-Engagement
Um dessen Engagement im Minardi-Team zu finanzieren, überwiesen Alexey B. (42) und Artem B. (48) im Juli 2005 "auf Einladung des Dr. Jörg Haider" (Strafantrag) 1 Mio. US-Dollar auf ein Konto der Hypo Alpe Adria. Am 31. Jänner 2007 schossen sie weitere 900.000 Euro nach. "Sie hatten die versprochene zweite Überweisung bewusst so lange zurückgehalten [...], um Dr. Jörg Haider zu motivieren, sich nicht nur für eine positiven, sondern auch für eine raschere Behandlung ihrer Anträge einzusetzen. Durch die Bezahlung des angeführten Betrags wollten sie sich bei Dr. Haider für seine parteiliche und für sie erfolgreiche Vornahme des Amtsgeschäfte bedanken und ihr ihm dafür gegebenes Versprechen einlösen", schreibt der Leiter der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftskriminalität und Korruption (WKStA), Walter Geyer, in seinem Strafantrag.
Intervention im Ministerrat
Nach Haiders Interventionen war am 11. Jänner 2007 in einer Ministerratssitzung beschlossen worden, dass sämtliche Voraussetzungen für die Verleihung der Staatsbürgerschaft an die beiden Russen vorlagen. Es war die letzte Ministerratssitzung, der das von Haider gegründete BZÖ noch angehörte. Noch am selben Tag wurde die neue Bundesregierung angelobt.
Da Haider nicht mehr zur Verantwortung gezogen werden kann, müssen sich nun sein ehemaliger Protokollchef Franz Koloini, ein Wiener Rechtsanwalt und die beiden Russen vor einem Schöffensenat (Vorsitz: Gerda Krausam) verantworten. Den Geschäftsmännern wird Bestechung angekreidet, indem sie "dem damaligen Landeshauptmann von Kärnten, Dr. Jörg Haider, für die pflichtwidrige Vornahme eines Amtsgeschäftes, nämlich für die parteiliche Behandlung ihrer Anträge auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft [...], für ihn oder einen Dritten einen Vorteil gewährten, indem sie die Überweisung eines Betrags von 900.000 Euro auf ein auf Patrick Friesacher lautendes Konto veranlassten, über das Dr. Jörg Haider verfügen konnte und für dessen Rückstandssaldo in Höhe von 898.000 US-Dollar (entsprechend ca. 637.000 Euro) er gehaftet hatte" (Anklage).
Dem in die inkriminierten Vorgänge involvierten Anwalt wird Beteiligung an der Bestechung angelastet. Koloini macht der Staatsanwalt zum Vorwurf, am 1. und 2. Februar 2007 das von den Russen gespeiste Bankkonto aufgelöst und das verbliebene Guthaben von 197.032,8 Euro auf mehrere Sparbücher verteilt bzw. in einem Kuvert Jörg Haider übergeben zu haben: "Franz Koloini beabsichtigte mit der Überweisung, Behebung und Anlegung auf anonymen Sparbüchern, die Spuren der Geldflüsse zu verwischen und die spätere Auffindbarkeit der Vermögenswerte, von denen er zudem wusste, dass sie dem Dr. Haider für die parteiliche Vornahme von Amtsgeschäften zugewendet worden waren, für die Strafverfolgungsbehörden zu unterbinden."
Für die Anklagebehörde steht außer Frage, dass Koloini wusste oder es zumindest für möglich hielt, dass das Geld "einen Vermögensbestandteil darstellte, der [...] aus dem von Dr. Haider begangenen Vergehen der Geschenkannahme durch Beamte [...] herrührte."
Die Urteile in dem auf drei Tage anberaumten Verfahren sind für den späten Freitagnachmittag geplant. Koloini drohen bis zu fünf Jahre, den drei übrigen Angeklagten ein bis zehn Jahre Haft.