Das Sicherheitspolizeigesetz bringt keine längeren Fristen für die Speicherung von Handy- und Internetdaten. Die Erfassung von Gesprächsinhalten bleibt ebenfalls illegal.
Die Befürchtungen von Telekombetreibern und Privatpersonen bezüglich der Speicherung von Handy- und Internetdaten haben sich durch die Prüfung des Verfassungsgerichtshofs nicht bestätigt. Die Richter sehen durch das umstrittene Sicherheitspolizeigesetz "keine Grundlage für eine erweiterte Speicherung von Handy- und Internetdaten". Laut VfGH-Präsident Gerhart Holzinger bleibt die Speicherung von Kundendaten damit unverändert: das Sammeln von Daten außerhalb der bereits jetzt bestehenden Frist von sechs Monaten, innerhalb derer die Rechnung rechtlich angefochten werden kann bzw. solange ein Anspruch auf Zahlung besteht, "bleibt verboten".
Telekomfirmen und Privatpersonen waren vor den VfGH gezogen, weil sie Datenspeicherungen im großen Stil und die Weitergabe an Polizeibehörden auch ohne richterliche Genehmigung für verfassungswidrig gehalten hatten. Ihre Anträge auf eine Aufhebung von Gesetzesteilen wurden formal als unzulässig erachtet. Der Grund dafür ist, dass keine aktuelle Betroffenheit besteht, weil sich eben keine erweiterte Datenspeicherung ergibt und zudem andere Möglichkeiten bestehen, rechtlich vorzugehen. Erst wenn dieser Instanzenzug ausgeschöpft ist, kann eine zulässige Beschwerde beim VfGH eingebracht werden.
Daten nur halbes Jahr speicherbar
Zwar sei im Gesetz die
Möglichkeit eingeführt, dass Polizeibehörden "Auskunftsverlangen" an
Telekombetreiber stellen können, allerdings könne es sich nur auf zulässig
(innerhalb der oben ausgeführten Frist) gespeicherte Daten beziehen. Gegen
solche Auskunftsverlangen könne sich der Telekombetreiber rechtlich wehren
und schließlich im Einzelfall auch Beschwerde beim VfGH einreichen.
"Auskunftsverlangen, die sich auf Daten beziehen, deren Speicherung verboten
ist, müssen naturgemäß ins Leere gehen", so der VfGH.
Inhalte nicht abrufbar
Zum Thema Standortfeststellung von
Handy-Benützern stellte der VfGH fest, dass Telekomunternehmen jetzt schon
verpflichtet seien, in Ausnahmefällen Notrufdiensten diese Informationen zur
Verfügung zu stellen. Auch der Einsatz sogenannter IMSI-Catcher (spezielle
Ortungsgeräte) sei nur auf die Ermittlung eines Standortes beschränkt. Für
die befürchtete Erfassung von Inhaltsdaten von Gesprächen biete die
Bestimmung keine Grundlage.
Unzulässige Ermittlungen anfechtbar
Holzinger betonte
allerdings, dass die Regelungen des Gesetzes "nur so" wie vom VfGH
dargestellt zu verstehen seien. "Eine andere Auslegung durch die Behörden
wäre verfassungswidrig." Er verwies auch darauf, dass Personen, die eine
unzulässige Datenermittlung befürchten, zahlreiche Rechte haben. Dazu
gehören das Auskunftsrecht, das Löschungsrecht und das Beschwerderecht an
die Datenschutzkommission.
Bures auf VfGH-Kurs
Mit der von der EU vorgegebenen
Vorratsdatenspeicherung hat die Entscheidung des VfGH im übrigen nichts zu
tun. Holzinger riet dazu, bei der Umsetzung dieser EU-Richtlinie "große
Zurückhaltung" zu üben und die Speicherungspflicht möglichst kurz zu halten.
SPÖ-Infrastrukturministerin Doris Bures hat schon angekündigt, nur eine
"Mindestumsetzung der Richtlinie" anzustreben, was eine Speicherdauer von
maximal sechs Monaten bedeutet.
VfGH-Präsident Holzinger appellierte an den Gesetzgeber, mit diesem Bereich sorgsam umzugehen und "von Nacht- und Nebelaktionen Abstand zu nehmen". Das Ende 2007 beschlossene Sicherheitspolizeigesetz war in letzter Minute durch Abänderungsanträge nachjustiert worden.